Edtstadler sieh Österreichs Interessen beim EU-Gipfel gewahrt.

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Wien – Eigene Interessen wahren und zugleich für die Interessen Europas eintreten? Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte in der "ZiB 2" zu den vorläufigen Ergebnissen des EU-Gipfels, dass offensichtlich beides möglich sei: europäische Solidarität und Wahrung der Interessen Österreichs. Den saftigen Rabatt, den der Vorschlag von Ratspräsident Charles Michel vorsieht, bezeichnete sie als gutes Ergebnis für Österreich. Er sei eine Frage der Fairness, immerhin zahle Österreich weit mehr in den EU-Haushalt ein als es herausbekomme. Österreichs Solidarität belege schon allein, dass man seit Tagen und Nächten ums EU-Budget und einen Aufbaufonds ringt.

Dass das Volumen der Zuschüsse im EU-Aufbauprogramm von ursprünglich 500 Milliarden auf 390 Milliarden Euro reduziert wurde, begrüßte Edtstadler. Man sei auch den eigenen Steuerzahlern verpflichtet, es gehe um sehr viel Geld.

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Knackpunkt Rechtsstaatlichkeit

In puncto Rechtsstaatlichkeit, ein weiterer Knackpunkt bei den Budgetverhandlungen, erwartete Edtstadler ein Einlenken von Polen und Ungarn – das es laut Berichten später auch gab. Es gehe um Grundwerte, und "da darf es keine Abstriche geben", sagte die Ministerin: "Ich bin optimistisch, dass diese Länder das einsehen werden." Polen und andere Nettoempfänger hätten nämlich "höchstes Interesse" an einer Budgeteinigung, fügte sie hinzu. Edtstadler äußerte sich "optimistisch, dass es ein gutes Ergebnis für Österreich gibt". Polen und Ungarn stemmen sich gegen Kriterien der Rechtsstaatlichkeit bei der Vergabe von EU-Mitteln.

Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament und ebenfalls Gast in der "ZiB 2", gab sich mit den vorläufigen Ergebnissen des EU-Gipfels unzufrieden. Zuschüsse wären die bessere Maßnahme gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie als Kredite, ist der Sozialdemokrat überzeugt. Österreich schade sich selbst, indem es bei Zuschüssen auf die Bremse drückt.

Nicht alle Sozialdemokraten auf Schieders Linie

In Richtung der sozialdemokratischen Regierungschefs in Schweden und Dänemark – die beiden Länder bilden neben den Niederlanden und Österreich die "Sparsamen Vier" – sagte Schieder, dass diese womöglich auch nicht verstanden hätten, dass mehr Zuschüsse mehr an Wirksamkeit bedeuten würden, mehr für Digitalisierung und mehr für den Klimaschutz. Aber in noch größerem Maße gelte das für Österreich, das in der Mitte Europas liegt: "Je kleiner das Paket, desto weniger auch für unser Heimatland."

Gefragt, ob das EU-Parlament eine Einigung beim EU-Gipfel kippen könnte, sagte der EU-Parlamentarier, das Parlament sei verantwortungsvoller als die Regierungschefs. Man würde nicht um der Inszenierung willen weiter Zeit verlieren wollen – oder riskieren, dass es am Ende keinen Aufbaufonds gibt. Aber man würde sich den Deal natürlich sehr genau anschauen. Immerhin habe das Parlament für deutlich höhere Zuschüsse gestimmt sowie für Kriterien der Rechtsstaatlichkeit und strenge Kontrolle bei der Vergabe der Mittel. (luis, 20.7.2020)