Dass man mit dem Freikauf von IS-Kämpfern aus Lagern der Kurden etwas zu tun habe, dementiert der Hilfsverein aus Floridsdorf.

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In der Ausgabe vom 18. Juli berichtete DER STANDARD über den Eve’s Help Club. Der Verein sammelte Spenden – unter anderem auch solche, mit denen IS-Anhängerinnen aus Gefangenenlagern in Syrien freigekauft werden sollten. Der Bericht hat einiges an Staub aufgewirbelt. Auch die Vereinsgründerin Silvia P. äußerte sich öffentlich in der APA zur Causa und widersprach der Darstellung. Sie nannte die Behauptung, ihr Verein habe etwa mit dem Freikaufen von IS-Anhängerinnen zu tun, "eine Lüge".

Doch zunächst noch einmal zur Vorgeschichte. Im Norden Syriens harren Familien von IS-Kämpfern aus, die das Ende des Terrorstaates im Frühjahr 2019 überlebt haben, darunter auch Österreicherinnen. Wie viele es genau sind, weiß das Außenministerium nicht. Die Gründerin des Eve’s Help Club, eines karitativen Vereins aus Floridsdorf, Silvia P., reiste mehrmals nach Syrien. Den Grund ihrer Reise verschwieg sie vielen Unterstützern des Vereins: Ihre Tochter Elisa lebt in kurdischer Gefangenschaft. Mit 16 hatte sie sich dem IS angeschlossen.

Lagerwachen bestechen

Seit Jahren versucht Silvia P., ihre Tochter und ihr Enkelkind aus dem Camp zu holen. Das Außenministerium half ihr dabei bisher offenbar nicht. Zu der Rückholung von Elisa P. wollte man sich auf Anfrage des STANDARD nicht äußern.

Mit dem Versuch, eine Insassin aus den Lagern loszueisen, ist Silvia P. nicht allein. Immer wieder befreien Schmuggler Gefangene, indem sie Lagerwachen bestechen. DER STANDARD fand heraus: Für die Freikäufe sammelte auch der Eve’s Help Club. Dahinter steckt Dilara P., die zweite Tochter von Silvia P. Als Kassierin des Vereins machte sie auf Instagram Werbung für Freikäufe.

Dilara P. arbeitete eng mit einem Mann zusammen, der sich bei Instagram "Help For Sisters" nennt und als Fluchthelfer auftritt. Die Arbeit des Vereins findet nicht nur online statt. Im Februar 2020 reiste Silvia P. das letzte Mal nach Syrien, auch dieses Mal kehrte sie ohne Elisa zurück.

Der "Bruder" im Irak

Der Eve’s Help Club setzt sich aber nicht nur für die Frauen in den Camps ein. Es gibt eine Ausnahme, einen IS-Kämpfer mit dem Rufnamen Abu Abdurrahman Al? Afghani. Es ist der Schwiegersohn von Silvia P. Der Mann ist in Österreich aufgewachsen und sitzt in der irakischen Hauptstadt Bagdad in Haft. Bei einer Verurteilung droht ihm offenbar die Todesstrafe. Dem STANDARD liegt eine Nachricht bei Whatsapp vor, mit der der Verein offenbar Geld für seine Befreiung sammelte. "WIR haben eine Chance, ihn da rauszuholen. NUR DIESE EINE."

In dem Paypal-Spendenkonto für den "gefangenen Bruder" liegen mehr als 1000 Euro, organisiert hat es wie so häufig Dilara P. Auf Instagram erklärt sie, das Geld sei "eher" für einen Anwalt gedacht. Nur warum steht davon nichts in der Nachricht, die der Eve’s Help Club privat verschickt?

Mittlerweile interessieren die Spenden für Al Afghani auch die Justiz. Im Dezember 2018 soll ein Mann aus Vorarlberg mindestens 100 Euro auf ein Spendenkonto des "@eveshelpclub1" überwiesen haben. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch schreibt vom Spendenaufruf einer "IS-Gruppierung", wie ein Gerichtsdokument belegt, das dem STANDARD vorliegt.

Die Staatsanwaltschaft bestätigt auf Anfrage, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Terrorismusfinanzierung anhängig sei. Aus ermittlungstaktischen Gründen erteile man keine weiteren Auskünfte.

Widerspruch vom Verein

Am Montag aber äußerte sich die Gründerin des Vereins Silvia P. in der APA zu den Vorwürfen. Dass ihr Verein Paypal-Konten für die Freikäufe von IS-Anhängerinnen zur Verfügung gestellt haben soll, nennt sie eine Lüge. "Hätten wir etwas mit Freikäufen zu tun, wäre meine Tochter längst frei", sagt sie.

Instagram-Äußerungen von Dilara erwecken einen anderen Eindruck. Im Namen des Vereins schreibt sie im März: "Was für ein schönes Gefühl, wenn man einer Schwester samt ihren Kindern, mit Allahs Erlaubnis, hilft, die Freiheit zu erlangen." Dazu postet Dilara ein Foto aus einer Chat-Gruppe, in der über Monate für die Befreiung einer Frau gesammelt wurde – mithilfe eines Spendenkontos des Eve’s Help Club. DER STANDARD hat dies mit Screenshots dokumentiert.

Auch zum Nutzer "Help For Sisters" äußert sich Silvia P. nun öffentlich. Der Mann, der im Internet für Fluchten und den Eve’s Help Club warb, habe Konten des Vereins angeblich "unberechtigt" benutzt. Im Widerspruch dazu steht das Verhalten in den Social Media. Dort zeigt sich die enge Zusammenarbeit zwischen "eveshelpclub1" und "Help For Sisters". Frauen in Camps schreiben auf Grußkarten an Spender die Namen beider Organisationen.

Dazu besaß der Nutzer "Help For Sisters" gleich zwei Spendentöpfe, eingerichtet von Dilara P. Er heftete die Links ganz oben an sein Profil, sammelte über Monate. Beide tauschten sich auf der Plattform mit "Help For Sisters" aus. Warum fiel das so lange weder Mutter noch Tochter auf? Die Gründerin des Eve’s Help Club möchte sich im STANDARD weiter nicht äußern. (Paul Schwenn, 21.7.2020)