Der Rathausmann ist trotz Wiener Wohnsitzes und hohen Alters nicht unterstützungsberechtigt. Bis 14. August können wahlberechtigte Wiener neuen Listen zu einem Platz auf dem Stimmzettel verhelfen.

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Auf der Straße vor den Wiener Bezirksämtern sind Passanten dieser Tage sehr beliebt. Ein kleiner Stand steht vor dem Eingang des Gebäudes in Wien-Neubau. Den Stehtisch bedeckt eine Europafahne, ein junger Mann in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Volt" legt gerade mehrsprachige Flyer auf. Nur wenige Meter weiter werben gleich drei Menschen um einen Mann, der sich in die Hermanngasse verirrt hat. Die Infofolder, die auf dem Tisch liegen, weisen das Anliegen der drei aus: Heinz-Christian Strache, "Das Wiener Original", als das er ausgeschildert ist, lächelt dem Interessierten vom Zettel entgegen. In der Broschüre findet man eine Anleitung, um die neue Liste des ehemaligen Vizekanzlers auf den Stimmzettel zur Wien-Wahl zu bringen.

Denn nicht alle, die sich am 11. Oktober zur Wahl stellen wollen, dürfen dies auch automatisch. Für Listen, die es im Jahr 2015 nicht selbstständig geschafft haben, ins Stadtparlament einzuziehen, gilt es seit rund einer Woche, Unterschriften zu sammeln. Ein Monat haben die Neulinge Zeit, um die entsprechende Anzahl an Unterstützungserklärungen einzubringen. Am 14. August läuft die Frist ab.

  • Team HC Strache Bei der Wien-Wahl 2015 war Heinz-Christian Strache noch als Spitzenkandidat der FPÖ jener Politiker, der der SPÖ das Amt des Bürgermeisters streitig machen wollte. Der Kampf um Wien war einer zwischen Rot und Blau. Die FPÖ wurde mit rund 30 Prozent auf Platz zwei gewählt. Heuer kämpft der Ex-Vizekanzler mit seiner eigenen Liste, dem Team HC Strache, um den Einzug in den Wiener Gemeinderat. Für das Team HC stehen die Chancen dafür, die Fünf-Prozent-Hürde zu bewältigen, am besten. Wer neben Strache kandidieren wird, ließ der Parteichef zuletzt offen. Sicher sei nur, dass die Gemeinderäte Karl Baron, Dietmar Kops und Klaus Handler, die vergangenes Jahr DAÖ gegründet haben, eine wichtige Rolle spielen werden.
  • Soziales Österreich der Zukunft "Sozial ökologisch": So lautet das Motto der Liste SÖZ, die mit der ehemaligen Nationalratsabgeordneten der Liste Jetzt, Martha Bißmann, in den Ring steigt. Ressourcen sollen geschont, die Luftqualität verbessert und die Lärmbelastung verringert werden, lautet die Ansage der neuen Liste.
  • Mein Wien Nicht ganz neu auf der politischen Bühne ist Robert Marschall. Seit 2011 ist er Obmann der EU-Austrittspartei. Nach einigen weiteren Zwischenstopps, unter anderem als Initiator des Euratom-Ausstiegs-Volksbegehrens, sammelt er nun Unterstützungserklärungen für seine Liste Mein Wien. Mein Wien fordert, dass "alle Wienerinnen und Wiener bei wichtigen Themen entscheiden, und nicht Parteisekretariate", heißt es auf der Website.
  • Artikel Eins Auf mehr Mitbestimmung setzt die Liste Artikel Eins. Auf dem Programm steht unter anderem der Einsatz für "viel mehr direktdemokratische Entscheidungen", eine "optimal gestaltete und auch so gelebte Demokratie", außerdem will man die "weit bessere Einhaltung von Wahlversprechen" forcieren.
  • Links Das Bündnis Links will als "linke Opposition, die wirklich und beharrlich mit den unterschiedlichen Menschen kämpft, die nicht auf die Butterseite gefallen sind", in den Gemeinderat einziehen, wie Spitzenkandidatin Anna Svec auf der Links-Webseite schreibt. Auf Platz drei kandidiert Can Gülcü, er war zuvor Mitorganisator der Donnerstagsdemos gegen Türkis-Blau. Mit Didi Zach ist auch die KPÖ auf der Kandidatenliste von Links vertreten.
  • Bierpartei Das Satireprojekt rund um Turbobier-Sänger Marco Pogo will es auch heuer wieder auf den Stimmzettel zur Gemeinderatswahl schaffen.
  • Bezirksparteien Noch nicht ganz klar ist, ob die Partei der Arbeit "Schwerpunkte in geografischer Hinsicht" setzen wird – also nur in einzelnen Bezirken kandidiert. Die Liste tritt etwa für "menschenwürdige Arbeits-, Wohn- und Lebensverhältnisse für alle" ein.
  • Auf die Bezirksebene will sich jedenfalls Volt konzentrieren, laut Eigendefinition die "einzige europäische Partei, die es derzeit gibt". Volt fordert etwa einen "ausgeschilderten Europa-Stadtwanderweg" in der Hauptstadt.
  • Auch die Piratenpartei kandidiert nur für die Bezirksvertretung. Im August soll feststehen, für wie viele. Sie setzt sich für die "Erhöhung der Transparenz in der politischen Bezirksarbeit" ein.

1.800 Stimmen für Wien

Um anzutreten, benötigen die Listen auf Wien-Ebene für jeden der 18 Wahlkreise 100 Unterschriften. Bei der Bezirksvertretung liegt die Latte bei 50 Signaturen. Eine Liste unterstützen können alle, die im Herbst wahlberechtigt sind: österreichische Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Wien, die spätestens am 11. Oktober ihren 16. Geburtstag feiern. Auf der Bezirksvertretungsebene können auch nichtösterreichische EU-Bürger abstimmen.

Eine Alternative gibt es aber zum großen Sammeln: Wer die Unterstützung von fünf Nationalratsabgeordneten hat, darf ebenfalls kandidieren. (Oona Kroisleitner, 22.7.2020)