Wegen "Nazis" konnte das Serious Game zum 2. Weltkrieg bislang nicht im Play Store erscheinen.

Foto: Attentat 1942

Attentat 1942 ist sein sehr lehrreiches Spiel. Es erzählt von der Besetzung der damaligen Tschechoslowakei durch die Truppen der deutschen Wehrmacht und die Zeit nach dem Attentat auf den NS-Kriegsverbrecher Reinhard Heydrich durch Widerstandskämpfer. Dabei wird häufig die Perspektive von Menschen eingebracht, die die Okkupation selbst miterlebt haben. Das 2017 erschienene Indiegame hat auf Steam über 100 Rezensionen erhalten, die in Summe "sehr positiv" ausfallen. Dazu konnte man damit auch mehrere Indie-Preise einheimsen.

Das Entwicklerstudio Charles Games mit Sitz in der tschechischen Hauptstadt Prag wollte nach dem Release für Windows, macOS und Linux das Spiel nun auch auf mobile Plattformen bringen. Allerdings scheiterte man an der Veröffentlichung der Android-Version in Googles Play-Store an einer kuriosen Auslegung der Richtlinien durch Betreiber Google.

Ablehnung wegen "Nazis"

Sechs Monate lang hatte man an der Portierung gearbeitet. Das Spiel wurde zwar längst von deutschen Medienbehörden zugelassen, doch in einer Mail einer Google-Vertreterin heißt es selbst nach tagelangem E-Mail-Austausch, dass das Spiel "auch weiterhin nicht" in Deutschland, Österreich Russland und Frankreich im Play Store veröffentlicht wird.

Die Begründung mutet einigermaßen absurd an. "Ihre App weist Inhalt auf, der in diesen Regionen verboten ist", heißt es in der Nachricht. "Zum Beispiel gibt es Referenzen auf ‘Nazis‘."

Charles Games

Nicht der erste Fall

Die Macher lässt diese Botschaft einigermaßen ratlos zurück. "Wie soll man ein geschichtlich akkurates Spiel über die Schrecken des 2. Weltkriegs ohne Nazis machen?", stellt man als rhetorische Frage an die Öffentlichkeit an Twitter. Man habe immerhin mit Historikern an der Umsetzung des Games gearbeitet und das auch bei mehrfachen Einsprüchen gegen die Entscheidung erwähnt – bislang aber erfolglos.

Es bedürfe nur einer kurzen manuellen Begutachtung, um festzustellen, dass in Attentat 1942 kein Hass verbreitet werde und das Spiel eine streng antifaschistische Ausrichtung habe. Man verweist auch darauf, dass man nicht das einzige betroffene Entwicklerstudio sei. Der ebenfalls preisgekrönte Titel My Child Lebensborn des norwegischen Studio Sarepta, der sich mit dem Alltag von Soldatenkindern und Frauen unter der von den Nazis kontrollierten Marionettenregierung Quisling in dem skandinavischen Land befasst, war vergangenes Jahr ebenfalls von Google abgelehnt worden.

My Child Lebensborn

Grund zur Hoffnung

Jedoch gibt es auch Grund zur Hoffnung. My Child Lebensborn ist mittlerweile im Play Store verfügbar, auch für Nutzer in Österreich und Deutschland. Und auch andere "Serious Games" zum 2. Weltkrieg, wie etwa Through The Darkest Of Times, finden sich auf der Plattform.

Zudem verlief die letzte Kontaktaufnahme vom 20. Juli erfreulich. Nachdem man ursprünglich eine weitere Absage ohne konkreterer Auskunft erhalten hatte, nahm Googles tschechisches Büro mit Charles Games Kontakt auf und versprach, sich den Fall Attentat 1942 näher anzusehen.

Für iOS wird das Spiel auch erscheinen. Aber auch hier ist laut Golem der geplante Release durch Apple ursprünglich erst abgelehnt und erst nach Einspruch ermöglicht worden. (gpi, 22.07.2020)