Fieber, blutende Augen und auch sonst mit allerlei Problemen: Emily Kusche als Schülerin Evelin.

Foto: ZDF Neo

Mobbing-Opfer Herm (Adrian Grünewald, rechts) mit einem seiner Ex-Feinde.

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Die Bundeswehr soll Ausgangsbeschränkungen kontrollieren.

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Trailer zu "Sløborn".

SyrrealEntertainment

Es ist schon schön, dort oben auf der deutschen Nordseeinsel Sløborn, Touristen schätzen die Ruhe, die Natur, das Meer. Die Einheimischen den überschaubaren Alltag und den Zusammenhalt. Man kennt sich, weiß, was man voneinander hat. Und was nicht. Den Jugendlichen ist ein bisschen fad, es tut sich nicht viel. Doch das sollte sich bald ändern. Und wie.

In der achtteiligen ZDF-neo-Serie "Sløborn" breitet sich die gefährliche Taubengrippe weltweit rasant aus und macht auch vor der heilen Inselwelt nicht halt. Dieses fiktive Virus, eine Mutation der Vogelgrippe, sorgt auch dort für den Ausnahmezustand. Man könnte meinen, die Serie ist eine der ersten fiktiven TV-Antworten auf die Corona-Pandemie. Tatsächlich ist sie aber seit über zwei Jahren in der Entwicklung.

Der Dreh fand von September bis November 2019 unter anderem auf der Nordsee-Insel Norderney und in dem polnischen Badeort Sopot statt. ZDF neo strahlt die ersten vier Folgen am Donnerstag, 23. Juli, ab 20.15 Uhr aus, die zweiten vier Episoden sind dann am Freitag im Hauptabend zu sehen. Alle Folgen sind in der ZDF-Mediathek abrufbar.

Leise Vorzeichen auf die Katastrophe

Autor und Regisseur Christian Alvert lässt sich lange Zeit, die Figuren einzuführen, das Virus bleibt in den ersten Folgen im Hintergrund. Nur leise Vorzeichen – etwa der kurze Kamerafokus auf ein Niesen oder das Teilen der Wasserflasche – weisen auf die nahende Katastrophe hin. Man ahnt, es wird schlimm. Ganz schlimm.

Aber vorerst werden stinknormale Alltagsprobleme verhandelt. Da ist zum Beispiel die Schülerin Evelin (Emily Kusche). Sie hat ein Gspusi mit einem Lehrer (Marc Benjamin), ist schwanger. Und zu Hause hängt der Haussegen schief. Der Papa (Wotan Wilke Möhring) will nach Berlin und endlich Karriere als Mediziner machen und nicht als Tierarzt in diesem Kaff enden. Oder Evelins Mitschüler und Mobbing-Opfer Herm (Adrian Grünewald), der später aufgrund der Ereignisse seine bisherigen Feinde in der Hand hat. Oder dessen Vater (Urs Rechn), der Dorfpolizist, der sowohl mit der Erziehung seines Sohnes als auch mit der Aufklärung der ersten Todesfälle völlig überfordert ist.

Viel Platz räumt Alvert auch der Figur des drogensüchtigen Bestsellerautors Nikolai Wagner (Alexander Scheer) ein, der von einer biederen Pfarrersgattin und Buchhändlerin (Laura Tonke) eingeladen wurde, hier auf der Insel eine Lesung abzuhalten und durch die Katastrophe so etwa wie eine Läuterung durchmacht.

Keine reine Katastrophenserie

Es geht um verkorkste Familienkonstellationen, um Träume, die nie verwirklicht wurden, um jugendliches Verliebtsein, um Mobbing an der Schule. Alvert legt die Serie nicht als Katastrophen-TV an. Zumindest nicht nur. Er präsentiert vielmehr eine Insel als Mikrokosmos verschiedenster Charaktere, die alle irgendwie miteinander auskommen müssen.

Doch dann wird ein Segelschiff mit zwei mumifizierten Leichen an die Küste getrieben. Inselbewohnern rinnt plötzlich das Blut aus den Augen, überall wird gehustet, geniest, gestorben. Tests bringen die traurige Gewissheit: Die Taubengrippe ist auf der Insel angekommen, und nichts ist mehr, wie es einmal war. (ae, 23.7.2020)