Das Große Mausohr (Myotis myotis) ist eine der Feldermausarten, deren Genom entschlüsselt wurde.
Foto: Olivier Farcy

München – Einem weltweiten Konsortium von Wissenschaftern ist es gelungen, sechs Fledermausgenome hochpräzise zu entschlüsseln und zu analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten dabei helfen, Alterungsprozesse und Erkrankungen bei Menschen zu lindern, teilte die Max-Planck-Gesellschaft in München mit.

Dies sei ein großer Fortschritt, um die einzigartige Anpassung der als besonders widerstandsfähig gegenüber dem Altern und tödlichen Krankheiten geltenden Fledermäuse zu verstehen. Die Hauptautorin der Studie, Emma Teeling, erklärte: "Wir können nun besser verstehen, wie Fledermäuse Viren tolerieren, das Altern verlangsamen und Flug und Echoortung entwickelt haben." Dieses Wissen lasse sich womöglich auch für den Menschen nutzen. "Mit diesem Wissen über die genetischen Eigenschaften der Fledermäuse lassen sich möglicherweise künftig Alterungsprozesse und Krankheiten des Menschen lindern."

Die Kleine Lanzennase (Phyllostomus discolor) lebt in Mittel- und Südamerika.
Foto: Brock und Sherri Fenton

Grundlage für viele neue Erkenntnisse

Die Wissenschafter konnten demnach 96 bis 99 Prozent jedes Fledermausgenoms auf Chromosomenebene rekonstruieren – und dies in einer noch nie dagewesenen Qualität. Dies sei das Ergebnis von mehr als einem Jahrzehnt intensiver Bemühungen. Die Erkenntnisse könnten nun Grundlage für Experimente und evolutionäre Studien der Fähigkeiten und Eigenschaften der Fledermäuse bieten.

Den Forschern sei es auch gelungen, die Verwandtschaftsverhältnisse der Fledermäuse zu klären, wie sie im Fachjournal "Nature" berichten. Im Vergleich mit 42 anderen Säugetieren sei herausgefunden worden, dass Fledermäuse am engsten mit einer Gruppe namens Ferungulata verwandt seien. Zu dieser Gruppe zählten Fleischfresser wie Hunde, Katzen und Robben, außerdem Schupppentiere, Wale und Huftiere.

Die Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) zählt zu den größten europäischen Fledermäusen.
Foto: Daniel Whitby

Außergewöhnliche Immunität

Die Forscher hätten gezielt nach genomischen Veränderungen gesucht, die zu den einzigartigen Eigenschaften der Fledermäuse führten. So seien Veränderungen in den Genen des Gehörs gefunden worden, die zur Echoortung beitragen könnten. Außerdem seien Duplikationen von antiviralen Genen, Änderungen in Genen des Immunsystems und der Verlust von Entzündungen fördernden Genen entdeckt worden. Diese Veränderungen könnten die außergewöhnliche Immunität der Fledermäuse erklären – darunter auch ihre Toleranz gegenüber Coronaviren. (red, APA, 28.7.2020)