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Paralypics-Sieger Alessandro Zanardi, das Überlebenswunder.

Foto: AP/ Alastair Grant

"Er wird es schaffen, da bin ich sicher." Niccolò Zanardi (21) ist voller Hoffnung. Am 19. Juni hatte sein Vater Alessandro, eine Ikone des Behindertensports, bei einem inoffiziellen Rennen nahe Pienza in der Toskana die Herrschaft über sein Handbike verloren und war gegen einen Lastwagen gekracht. Ehefrau Daniela, in einem Begleitauto dabei, war die Erste am Unfallort. Ihr 53-jähriger Mann erlitt schwerste Kopfverletzungen und musste dreimal operiert werden. Aus dem künstlichen Koma geholt, aber nicht bei Bewusstsein, wurde der frühere Formel-1-Rennfahrer von der Klinik Siena in eine Reha-Einrichtung verlegt. Sein Vater könnte das Sehvermögen verlieren, aber "es gibt ermutigende Signale", sagte Niccolò dem Corriere della Sera.

Alessandro Zanardi könnte also tatsächlich ein drittes Leben leben. Einen Höhepunkt seines zweiten Lebens genoss der Mann aus Bologna im Spätsommer des Jahres 2012. "Meet the Superhumans!" Unter diesem Motto wurden die Londoner Paralympics vor acht Jahren zum bisher größten Fest für Sportlerinnen und Sportler mit körperlichem Handicap. Einer der Stars der Veranstaltung war Alessandro Zanardi. Am 7. September stand der ehemalige Formel-1-Pilot auf seinen Beinstümpfen auf dem heißen Asphalt der Rennstrecke von Brands Hatch und stemmte das Handbike, mit dem er kurz zuvor im Straßenrennen der Beinamputierten sein zweites Gold geholt hatte. Tatsächlich übermenschlich erschien der Italiener da den tausenden verzückten Zusehern.

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Zanardi nach seinem Gewinn der Paralympics-Goldmedaille in Brands Hatch 2012.
Foto: AP/ Alastair Grant

Denn schließlich hatte Zanardi fast genau elf Jahre zuvor bei einem Unfall in einem Champ-Car-Rennen auf dem Lausitzring beide Beine verloren und auf dem Weg ins Spital 80 Prozent seines Blutes vergossen. Sieben Mal musste der damals 34-Jährige wiederbelebt werden, ehe ihn die Ärzte stabilisieren konnten. Nach nur sechs Wochen begann Zanardi die Rehabilitation und bedankte sich für seine Versorgung mit dem Bonmot, dass nun deutlich mehr deutsches als italienisches Blut in ihm fließe. Zwei Jahre später saß er in umgebauten Rennwagen, vor allem aber auf dem Handbike, seiner neuen sportlichen Leidenschaft.

Zanardi inspirierte die Massen mit seinem Überlebenswillen, seiner Leidenschaft, seinem Witz. Vor dem zweiten Umfall hatte er intensiv für seine dritten Paralympics trainiert. Und er hatte die Zusage, für BMW Tourenwagen-Rennen zu fahren, schon in der Tasche. (Sigi Lützow, 22.7.2020)