Tokio kann nur der olympischen Dinge harren, die von der Entwicklung der Pandemie abhängen.

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"Wenn die aktuelle Lage andauert, können wir das nicht." Yoshiro Mori war Anfang des Jahrtausends japanischer Premierminister und ist noch der Präsident des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele in Tokio. Optimismus bezüglich der Spiele, die am 23. Juli 2021 beginnen sollen, versprüht der 83-Jährige nicht. Für Mori sind zu viele Fragen offen. Einige Antworten sind möglich.

Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass die heuer abgesagten Olympischen Spiele im Jahr 2021 stattfinden können?

Antwort: Das lässt sich gar nicht sagen, DER STANDARD jedenfalls tritt leise und traut sich keine Prognose abzugeben. Es ist fraglich, ob es rechtzeitig einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben wird. Ansonsten sollen ausgeklügelte Quarantäne-, Reise- und Durchführungsbestimmungen halbwegs sichere Spiele ermöglichen. Angesichts steigender Infektionszahlen in Japan und mit Blick auf die besorgniserregenden Fallzahlen in großen Sportnationen wie den USA oder Brasilien und auch in Afrika ist derzeit kaum vorstellbar, wie Olympia mit Athleten und Fans aus aller Welt im nächsten Jahr funktionieren soll.

Frage: Wie groß ist die Zuversicht der Organisatoren und Funktionäre in Bezug auf Olympische Spiele 2021?

Antwort: Da ist, stellvertretend für das österreichische olympische Comite (ÖOC), dessen Generalsekretär Peter Mennel auf einer Linie mit IOC-Präsident Thomas Bach. Mennel ist "persönlich überzeugt davon, dass die Spiele planmäßig stattfinden werden". Bach, der nach dem Ablauf seiner ersten achtjährigen Amtszeit 2021 eine zweite anstrebt, sagt: "Wenn alles seinen richtigen Weg geht, wird Olympia in Tokio das erste Fest nach Corona, das die Welt vereint." Freilich hatte das IOC auch am ursprünglichen Termin in diesem Sommer lange festgehalten und dafür Kritik geerntet.

Frage: Sind Olympische Geisterspiele denkbar, könnten die Bewerbe samt und sonders vor leeren Rängen ablaufen?

Antwort: Der Standard würde Geisterspiele nicht ausschließen. Die Organisatoren und das IOC fassen offiziell bis dato offiziell aber nur ins Auge, weniger Zuseher in die Stadien zu lassen. Etliche Spitzenstars haben sich schon dahingehend geäußert, dass sie notfalls auch Geisterspiele akzeptieren würden.

Frage: Bleiben Sportlerinnen und Sportler, die schon die Norm erfüllten, auch für 2021 qualifiziert?

Antwort: Das ist der Plan. Laut IOC-Angaben sind bisher bereits 57 Prozent der gesamten Athleten-Quotenplätze vergeben. Es ist allerdings nicht gesagt, dass jeder Athlet und jede Athletin, die einen Quotenplatz gesichert hat, auch tatsächlich zu den Spielen fährt. Schließlich könnte er oder sie in einer internen Qualifikation noch von einem Teamkollegen oder einer -kollegin ausgebootet werden.

Frage: Wie und wann qualifizieren sich die anderen?

Antwort: Der Qualifikationsprozess ist derzeit in allen Sportarten ausgesetzt, das IOC diskutiert mit den 33 Fachverbänden, wie es weitergehen könnte und sollte. Viele Fachverbände planen die Wiederaufnahme in den nächsten Wochen und Monaten. Wann es tatsächlich die Möglichkeit für Quotenplätze oder Ranglistenpunkte geben wird, bleibt allerdings abzuwarten. Erst muss die globale Reisefreiheit wiederhergestellt sein, um allen Athletinnen und Athleten eine halbwegs faire Chance zur Teilnahme zu geben.

Frage: Wie weit ist der Qualifikationsprozess in Österreich bereits fortgeschritten?

Antwort: Auch hier sieht es so aus, dass etwas die Hälfte der zu erwartenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon fix qualifiziert ist. Quotenplätze sind in folgenden Sportarten bereits gesichert: Leichtathletik (5), Schwimmen (4), Segeln (6), Schießen (2), Klettern (2), Rudern (1), Kanu (3), Turnen (1), Radsport (6), Reiten (4) und Tischtennis (3). Meistens erfolgte durch die Fachverbände auch schon die namentliche Zuordnung, da und dort gibt es noch interne Qualifikationen. Jedenfalls wären aktuell 37 ÖOC-Aktive in Tokio dabei, davon gut die Hälfte Frauen. Das ist insofern bemerkenswert, als bis dato der Männerteil überwog. Insgesamt rechnet ÖOC-Generalsekretär Mennel mit einem 70 Frau und Mann starken Team.

Frage: Ist eine neuerliche Verschiebung der Olympischen Spiele – etwa auf 2022 – denkbar?

Antwort: Nein. Eine neuerliche Verschiebung wurde seitens des IOC und der Organisatoren bereits ausgeschlossen.

Frage: Wie sehr freut sich die japanische Bevölkerung auf Olympia und identifiziert sich damit?

Antwort: Nun ja. Eine große Mehrheit findet einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge, dass die Spiele entweder noch einmal verschoben oder ganz abgesagt werden sollten. Nur 23,9 Prozent wünschen sich, dass die Sommerspiele in Tokio 2021 stattfinden sollen.

Frage: Was kosten Japan die Olympischen Spiele und ihre Verschiebung?

Antwort: Eine von Gouverneurin Yuriko Koike in Auftrag gegebene Studie hatte Gesamtkosten von 23,3 Milliarden Euro prognostiziert (inklusive Infrastruktur, Sportstätten, Sicherheit). Über zu erwartende Zusatzkosten gehen die Schätzungen auseinander, sie reichen von zwei bis sechs Milliarden Euro. Auch hier tritt DER STANDARD insofern leise, als er sich nicht mitzuschätzen traut. (Fritz Neumann, Sigi Lützow, 23.7.2020)