In der Corona-Krise werden in Österreich im Schnitt um etwa sechs Prozent mehr Tabakprodukte verkauft als im Vorjahr – trotz des Rauchverbots in der Gastronomie.
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Obwohl die Steuereinnahmen in der Corona-Krise wegbrechen, gibt es Ausreißer: etwa die Tabaksteuer. Dabei hatten sich heimische Trafiken wegen des seit November geltenden Rauchverbots in der Gastronomie auf ein sehr schwaches Jahr eingestellt und nun setzen sie wider Erwarten spürbar mehr um als im Vorjahr. Es sind vor allem die Grenzschließungen, welche die Tabakbranche in ganz Europa durcheinanderwirbeln.

"Mit Corona gab es extrem starke Verschiebungen", sagt Hannes Hofer, Geschäftsführer der österreichischen Monopolverwaltung MVG. Denn legale – für den Eigenbedarf dürfen vier Stangen Zigaretten nach Österreich mitgenommen werden – und illegale Einfuhren von Tabakprodukten sind mit geschlossenen Grenzen beinahe gänzlich weggefallen. Sprich, den meisten Rauchern bleibt nichts anderes übrig, als die Rauchwaren hierzulande zu erwerben. Vom Wegfall der Einkaufsfahrten ins benachbarte Ausland profitieren vor allem das Burgenland, Niederösterreich und Kärnten, also grenznahen Regionen zu Ländern mit günstigeren Tabakpreisen.

15 Prozent aus Ausland

Insgesamt schätzt Hofer, dass es sich bei 15 Prozent, also fast jede siebente Zigarette, um legal oder illegal eingeführte Zigaretten handelt. Davon entfalle nur etwa ein Drittel auf Schmuggelware krimineller Gruppen. "Der große Teil sind legale Importe", betont der MVG-Chef.

Schmerzlich verläuft das Jahr hingegen in Tirol und Vorarlberg, wo der Absatz Hofer zufolge um acht bis neun Prozent zurückgagengen ist. Dort müssen die Trafiken den gegenteiligen Effekt verkraften, nämlich fehlende Einkäufe aus Deutschland und der Schweiz, wo Zigaretten um einiges hochpreisiger als hierzulande sind. Zudem ist das auch Geschäft mit Touristen weitgehend entfallen, zusätzlich zum Rauchverbot in der Gastronomie, das die Branche sehr stark spürt.

Zweitwichtigste Verbrauchssteuer

Das schlägt auch auf die Tabaksteuer nieder, die heuer ebenfalls ansteigen sollte. In Österreich ist diese nach der Mineralölsteuer die zweitwichtigste Verbrauchssteuer, die im Vorjahr 1,89 Milliarden Euro in die Staatskasse spülte. Inklusive Mehrwertsteuer bringt der Tabakkonsum sogar etwa 2,4 Steuermilliarden ein, rechnet Andreas Schiefer vor: "Es wird bei der Tabaksteuer ein gutes Jahr für Finanzminister Gernot Blümel werden", erwartet der stellvertretende Trafikantenobmann der Wirtschaftskammer. Obwohl es heuer keine Preisanhebungen bei Zigaretten gegeben habe, betont Schiefer.

Generell ist die Steuerbelastung der größte Kostenfaktor beim Tabakkonsum. Schiefer zufolge gehen vom Verkaufspreis einer Packung Zigaretten in Österreich im Schnitt zwischen 77 und 78 Prozent an den Finanzminister. Der Rest müsse unter Erzeugern, Händlern und Trafikanten aufgeteilt werden.

Noch stärker als in Österreich steigt der Tabakabsatz in Deutschland, da bremsende Effekte wie das Gastro-Rauchverbot wegfallen. Allein für den Monat Juni gab das Finanzministerium einen Anstieg der Tabaksteuer um mehr als 22 Prozent gegenüber dem Vorjahresminus, obwohl die deutschen Steuereinnahmen insgesamt um fast 15 Prozent abgesackt sind.

Steileres Preisgefälle

Dass der Anstieg in Deutschland wesentlich stärker ausfällt, führt MVG-Chef Hofer mit dem steileren Preisgefälle zu den östlichen Nachbarn bei langen Grenzen zurück. Zudem mache sich der Tourismus anders als in Österreich bemerkbar. Soll heißen: Sonst halten sich während der Reisezeit viele Deutsche im Ausland auf, die dieses Jahr ihre Zigaretten an deutschen Kiosken kaufen.

Für Österreich fasst Hofer den Jahresverlauf wie folgt zusammen: Wegen des Gastro-Rauchverbots gab es im Jänner und Februar jeweils vierprozentiges Minus verglichen mit dem Vorjahr. Seit Corona werden hingegen um etwa sechs Prozent mehr Tabakprodukte als 2019 verkauft. "Die Entwicklung zeigt, wie krisensicher die Branche ist", sagt Hofer – und fügt hinzu: "Aber was passiert, wenn die Grenzen wieder offen sind?" (Alexander Hahn, 23.7.2020)