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Donald Trump erklärt im Weißen Haus den Start der "Operation Legend" in Chicago, Albuquerque und Kansas City.

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Im Streit um den Einsatz von Sicherheitskräften des Bundes in US-Städten hat die Regierung in Washington die Entsendung von hunderten Beamten nach Chicago angekündigt. Damit solle einer Welle der Gewalt in der Millionenmetropole begegnet werden, erklärte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch im Weißen Haus.

Dort habe es zuletzt eine "schockierende Explosion an Tötungen" und Gewaltverbrechen mit Schusswaffengebrauch gegeben. "Dieses Blutvergießen muss ein Ende haben", sagte Trump. "Wir haben keine andere Wahl, als uns einzumischen."

Die Regierung werde Sicherheitskräfte des Bundes auch in andere Städte schicken, kündigte Justizminister William Barr an. Mehr als 200 seien bereits in Kansas City, eine vergleichbare Zahl an Beamten werde nach Chicago geschickt. 35 weitere würden nach Albuquerque in New Mexico entsandt.

Bürgermeisterin dagegen

Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot nannte Trumps Ankündigung einen "politischen Stunt". Die Demokratin hatte sich schon vor der Ankündigung klar gegen die Entsendung von paramilitärisch anmutenden Sicherheitskräften des Bundes ausgesprochen. Am Mittwoch sagte sie: "Wir brauchen keine Bundestruppen. Wir brauchen keine namenlosen Beamten, die in den Straßen von Chicago umherstreifen, unsere Einwohner ohne Grund aus dem Verkehr ziehen und ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzen."

Angesichts der Stärke der Polizei in der Millionenstadt, in der rund 13.000 Polizeikräfte arbeiten, stellt sich die Frage, wie viel 200 zusätzliche Beamte ausrichten können. Lightfoot sagte, Trump wolle nur von seinem Versagen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ablenken. Wenn Trump wirklich etwas tun wollte, um die Gewalt in Städten zu bekämpfen, sollte er sich zum Beispiel auf Bundesebene für ein strengeres Waffenrecht einsetzen, forderte sie.

Ted Wheeler, demokratischer Bürgermeister von Portland, mischte sich unter die Demonstranten und wurde von Tränengas getroffen.
DER STANDARD

Kritisierter Einsatz in Portland

Die "Operation Legend" sei Barr zufolge getrennt von der umstrittenen jüngsten Entsendung von Sicherheitskräften nach Portland zu sehen. Die Bundesbeamten würden "Morde aufklären und gewalttätige Gangs" zerschlagen, sagte Barr. "Das ist klassische Verbrechensbekämpfung."

Auch die Demonstranten probieren neue Taktiken aus.

Demonstranten erhoben in den vergangenen Tagen in Portland den Vorwurf, dass es zu willkürlichen Festnahmen durch Spezialeinheiten gekommen sei. Nicht näher identifizierte Sondertruppen hatten in gescheckten Uniformen Demonstranten festgenommen und in nicht markierten Fahrzeugen abtransportiert. Nach Berichten von US-Medien handelte es sich um Polizisten der Grenzpatrouille, die gleichfalls dem Heimatschutzressort unterstellt ist.

Schuldzuweisungen und Ablehnung

Trump schob in seiner Rede die Schuld für die Ausschreitungen auf die demokratischen Lokalpolitiker, die in den jeweiligen Städten regieren, und die "extrem radikalen Linken". Demokraten sehen in der "Operation Legend" aber vielmehr ein Politikum – und dass sich Trump als Bewahrer von Recht und Ordnung inszeniere. Neben der Bürgermeisterin von Chicago haben auch zahlreiche weitere Bürgermeister sowie der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, den Einsatz von Bundesbeamten ausdrücklich abgelehnt.

Portlands Bürgermeister bei Protest von Tränengas getroffen

In Portland schloss sich Bürgermeister Ted Wheeler den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt vor dem Justitzgebäude an und wurde dabei von Tränengas getroffen, das von Bundesbeamten gegen die Demonstranten eingesetzt wurde. In dem Gebäude, auf welches die Demonstranten Brandsätze geworfen hatten, waren die Bundespolizisten untergebracht, die Präsident Donald Trump gegen den Willen Wheelers nach Portland geschickt hatte. Die Beamten ihrerseits warfen in regelmäßigen Abständen Rauchbomben und Tränengasgranaten in Richtung der Demonstranten.

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Ein Screenshot aus einem Video zeigt Portlands Bürgermeister Ted Wheeler bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt, bei welchen er von Tränengas getroffen wurde.
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Wheelers Anwesenheit stieß nicht bei allen Demonstranten auf Zustimmung. "Schande über dich", riefen einige und forderten seinen Rücktritt. Sie warfen ihm vor, er habe zu wenig getan, um die Bürger zu schützen. Der Demokrat Wheeler hat den Einsatz der Bundespolizei als Machtmissbrauch verurteilt, seiner Ansicht nach wird dadurch die Gewalt noch angefacht. (red, APA, 23.7.2020)