Das IHS rechnet damit, dass die Arbeitslosigkeit weiter hoch bleibt.

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Wien – Nach den immensen Konjunkturbelastungen durch die Coronavirus-Krise sollte Österreichs Wirtschaft übernächstes Jahr auf einen soliden Wachstumskurs zurückkehren. Das nimmt das Institut für Höhere Studien (IHS) in seiner neuen Mittelfristprognose an. Die Arbeitslosenrate nach nationaler Berechnung wird sich von mehr als zehn Prozent im heurigen Jahr aber nur langsam zurückbilden, nimmt man an.

Heuer dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stark um 7,3 Prozent einbrechen und 2021 von niedrigerem Niveau aus um 5,8 Prozent zulegen, glauben die Experten. Für die Jahre 2022 bis 2024 werden dann Zuwächse von 2,3, 1,8 und 1,6 Prozent erwartet. Damit sollte die heimische Wirtschaft ungefähr im selben Tempo wie jene im Euroraum zulegen, erklärten die IHS-Experten am Donnerstag.

"Stärkster Einbruch der Weltwirtschaft seit 1930er-Jahren"

Bei einer schnellen Erholung könnte Österreichs Wirtschaft heuer vielleicht "nur" um 6,4 Prozent schrumpfen, bei einer langsamen Erholung um 8,3 Prozent, bei einer zweiten Corona-Welle aber sogar um 9,1 Prozent. Bei einer zweiten Welle würde 2021 das BIP-Plus auf 1,4 Prozent abgebremst, könnte bei einer langsamen Erholung 4,8 und bei einer schnellen Erholung 6,6 Prozent ausmachen, lauten die Szenarien. Erst ab 2022 würde sich das Tempo der Erholung dann kaum noch unterschiedlich niederschlagen.

Die Covid-19-Pandemie – und vor allem die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung – hätten "den stärksten Einbruch der Weltwirtschaft seit den 1930er-Jahren verursacht", erinnert das IHS. Der Tiefpunkt der Rezession dürfte aber bereits im zweiten Quartal des heurigen Jahres erreicht worden sein, sodass die globale Wirtschaft nun wieder zu einem moderaten Wachstum zurückkehre, hieß es in einer Onlinepräsentation.

Für den Zeitraum 2020–2024 rechnet man im Jahresschnitt für Österreich mit 0,7 Prozent realem BIP-Plus, nach je 1,9 Prozent 2015 bis 2019 beziehungsweise jeweils 1,2 Prozent Anstieg in den Jahren 2010 bis 2014.

Lage am Arbeitsmarkt verbessert sich nur langsam

Auf den Arbeitsmarkt in Österreich hat die Corona-Krise "voll durchgeschlagen". Mit dem Lockdown brach die Beschäftigung ein, und die Zahl der registrierten Arbeitslosen stieg enorm. Infolge der zunehmenden wirtschaftlichen Aktivität sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt "sukzessive verbessern, allerdings nur langsam", so das IHS. Ausgehend von einer Arbeitslosenrate von 10,25 Prozent im heurigen Jahr könnte sie bis 2024 auf acht Prozent sinken, heißt es. Im gesamten Prognosezeitraum (2020–2024) sieht man die Arbeitslosigkeit im Schnitt bei 8,8 Prozent, nach 8,3 Prozent 2015–2019.

Deshalb müsse in den kommenden Jahren auf den Arbeitsmarkt "großes Augenmerk" gelegt werden, verlangen die Experten. "Unumgänglich" seien dabei eine Umwandlung der Corona-Kurzarbeit, eine aktive Arbeitsmarktpolitik zum Beispiel in Form sektoraler Arbeitsmarktstiftungen sowie eine Stärkung von Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Umschulungselementen. Besonders im Fokus stehen sollte dabei jene Altersgruppe, die heuer auf den Arbeitsmarkt kommt: Aufgrund der schlechten Lage solle man ermöglichen, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die keine Arbeit finden, zumindest ein weiteres Jahr in Ausbildung bleiben können.

Reformen weiterhin wichtig

Die heimische Wirtschaftspolitik sollte aber nicht vollständig auf die durch Corona ausgelöste Wirtschaftskrise ausgerichtet werden, das wäre "gefährlich". Strukturelle Reformerfordernisse, die es schon vor der Krise gegeben habe, seien weiterhin relevant, etwa die Einhaltung der Klimaziele oder Reformen in Föderalismus, Gesundheitsversorgung, Pflege und Pensionen, um hier die Kostendynamik zu verlangsamen.

Weitere wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten auf eine Stärkung der Wachstumskräfte setzen – etwa durch mehr Unterstützung von Innovation und Forschung. "Gelingt die Stärkung des wirtschaftlichen Wachstums, würde dies die nötige Haushaltskonsolidierung nach dem Ende der Wirtschaftskrise erleichtern", sagen die Experten. Die staatlichen Corona-Unterstützungen seien "unzweifelhaft notwendig", um die Wirtschaft zu stabilisieren und sie mittelfristig auf einen stabilen Wachstumskurs zu bringen. Jedoch werde das Budget dadurch ganz massiv belastet. Dennoch geht das IHS davon aus, dass das Budgetdefizit bis zum Ende des Prognosezeitraums (2024) wieder auf zwei Prozent des BIP gesenkt werden kann, das sei aber mit großer Unsicherheit behaftet. (APA, 23.7.2020)