Das Gebäude der chinesischen Vertretung in Houston soll bald keine chinesische Flagge mehr tragen.

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Die chinesische Staatszeitung "Global Times" gilt als latent krawalliges Sprachrohr der kommunistischen Partei und richtet sich mit ihrem englischsprachigen Angebot vor allem an nichtchinesische Leser. Gekonnt ist das Blatt darin, moralische und argumentative Schwachstellen des Westens offenzulegen. So lautet die Überschrift des Leitartikels vom Donnerstag auch: "Der US-Wahlkampf treibt Washington in den Wahnsinn." Das ist insofern nicht falsch, da zahlreiche Analysten davon ausgehen, dass der kommende US-Wahlkampf vor allem ein Thema haben wird: China.

Ob die angekündigte Schließung des chinesischen Generalkonsulats in Houston eine Tat des Wahnsinns ist, bleibt eine andere Frage. Tatsächlich kam die Ankündigung Trumps, die Vertretung Pekings in der texanischen Hauptstadt müsse innerhalb der kommenden 72 Stunden schließen, völlig überraschend. Dass daraufhin umgehend chinesische Beamte damit begannen, im Hof des Gebäudes Dokumente zu verbrennen, dürfte allerdings auch keine vertrauensbildende Maßnahme seitens von Peking gewesen sein.

Spionagevorwürfe

Zunächst tauchten Vermutungen auf, die Schließung des Konsulats könne ein strategischer Zug sein, um bessere Bedingungen für die Rückkehr amerikanischer Diplomaten nach China auszuhandeln. Noch immer sind viele Diplomaten aufgrund der rigiden Einreisebestimmungen Pekings nicht nach China zurückgekehrt. Später teilte das US-Außenministerium mit, man wolle "geistiges amerikanisches Eigentum und private amerikanische Informationen" schützen. Es gebe genug Hinweise darauf, dass das Konsulat zur Spionage genutzt wurde. So sollen vor allem Studenten zur Spionage an amerikanische Universitäten eingeschleust worden sein.

Das chinesische Außenministerium kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. In China gibt es fünf US-Konsulate: Shenyang, Chengdu, Schanghai, Wuhan und Guangzhou. Als wahrscheinlich gilt, dass das in Wuhan geschlossen wird. Dort weist man korrekt auch darauf hin, dass die USA wesentlich mehr Diplomaten in China unterhalten als umgekehrt. Washington solle die Entscheidung umgehend rückgängig machen.

Beziehungen auf dem Tiefpunkt

"Wollen die USA absichtlich die amerikanisch-chinesischen Beziehungen zerstören?", fragt die "Global Times" in ihrem Leitartikel. Fakt ist, dass die Beziehungen zwischen beiden Staaten auf einen Tiefpunkt zusteuern. Unerwähnt bleiben in der chinesischen Presse wie immer das Nationale Sicherheitsgesetz in Hongkong sowie die Umerziehungslager für Uiguren in Xinjiang. Beides war Anlass für amerikanische Sanktionen gegen die Führung in Peking. Am Donnerstagabend wird eine Rede von Außenminister Mike Pompeo erwartet. Der Titel: "Das kommunistische China und die Zukunft der freien Welt". (Philipp Mattheis, 23.7.2020)