Auch das P40 Pro+ kommt ohne Google-Dienste – und viel andere beliebte Apps.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Der 16. Mai 2019 brachte gehörigen Wirbel in die Android-Welt: Ein Handelsbann der US-Regierung verbietet Firmen wie Google seitdem jegliche Zusammenarbeit mit Huawei. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind schwerwiegend. Neue Geräte des chinesischen Hardwareherstellers müssen nicht nur ohne Play Store und das dort gebotene breite App-Angebot auskommen, es fehlen auch all die gewohnten Google-Apps und vor allem zentrale Infrastrukturdienste.

Huawei versucht mit einer eigenen App Gallery sowie alternativen Diensten und finanziellen Anreizen für Entwickler dagegenzuhalten. Doch wie ein Test des aktuellen P40 Pro+ zeigt, hat man damit nur sehr begrenzt Erfolg. Das App-Angebot ist bruchstückhaft, wer seine gewohnten Apps nutzen will, muss dafür schon einiges an Bastelaufwand betreiben – und selbst dann geht noch immer vieles nicht.

Alles anders – oder nicht?

Das wirft natürlich die Frage auf: Wie reagieren die heimischen Mobilfunker auf diese Situation? Immerhin hat man in den vergangenen Jahren enge Kooperationen mit Huawei geschmiedet. Die Antwort darauf ist angesichts der aktuellen Situation einigermaßen verblüffend: Es wird nämlich zu weiten Teilen schlicht so getan, als wäre nichts.

Ob A1, Magenta oder 3: Alle drei großen Anbieter werben in sozialen Medien für die aktuellste Hardwaregeneration von Huawei ohne irgendeinen Hinweis auf die App-Problematik. Nun kann man natürlich – mit gewissem Recht – sagen, dass Werbung ohnehin nicht dazu da ist, die Wahrheit über ein Gerät zu verkünden. Wirklich problematisch wird es aber dann, wenn man sich die Webseiten der Netzbetreiber ansieht: Was hier zum Teil geboten wird, grenzt an bewusste Irreführung der Konsumenten.

Im Kleingedruckten

So bewirbt etwa A1 derzeit groß auf seiner Webseite das P40 Pro+ – ein Smartphone, das ohne Vertrag immerhin rund 1.400 Euro kostet. Dass man hierfür ein Gerät bekommt, auf dem viele der gewohnten Apps nicht zu finden sind, wird lediglich in den Detailbeschreibungen ausgewiesen – und auch dass übrigens erst nach einer Presseanfrage des STANDARD. Zuvor war auf der Produktseite keinerlei Hinweis in diese Richtung zu finden. Lediglich am Ende des Kaufprozesses gab es noch einmal eine kurz gehaltene Bemerkung.

Erst auf Nachfrage (der linke Screenshot ist von Mitte Juli) und auch dann noch eher vage und begrenzt prominent platziert: ein Warnhinweis bei A1.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Wer den Hinweis zur App-Problematik findet, bekommt dann einen Text geboten, der mehr nach Marketing denn nach realer Information klingt. Das ist auch nicht weiter verwunderlich – ist es das doch auch. Wie A1 auf Nachfrage bestätigt, werden nämlich auch diese Passagen von Huawei selbst formuliert und vom Netzbetreiber einfach übernommen. Das sei übliche Praxis, betont A1. Wenn es notwendig wäre, würde man solche vom Hardwarehersteller gestellten Texte anpassen – was hier aber augenscheinlich nicht passiert ist.

Zumindest fällt die konkrete Formulierung mittlerweile eine Spur weniger irreführend aus also noch vor einigen Wochen. Hatte Huawei da doch noch recht knapp von einer Auslieferung mit Android 10 gesprochen, ohne groß auf die Problematik einzugehen. In der neueren Version ist jetzt von Android 10 AOSP (Android Open Source Project) die Rede.

A1 will den Vorwurf der mangelnden Aufklärung über die Situation allerdings so nicht stehen lassen und verweist auf einen eigenen Blogeintrag zum Thema. Dieser bietet aber ein reichlich verzerrtes Bild der aktuellen Situation. So heißt es etwa abschließend, es bräuchte "nur einige wenige Handgriffe mehr, um trotz des Politikums auch zukünftig auf deine gewohnten Apps zugreifen zu können" – das ist faktisch schlicht falsch, da auch nach den angeführten Basteleien zahlreiche Apps weiterhin nicht gehen. Mal abgesehen davon, dass keine dieser Anleitung darauf hinweist, dass bei einer manuellen Installation von Apps dann natürlich auch Folge-Updates wieder selbst heruntergeladen werden müssen – was nicht nur mühsam, sondern auch aus einer Sicherheitsperspektive problematisch ist.

"3" macht es noch schlechter

Wer meint, dies wäre ein Ausreißer bei einem einzelnen Provider, sollte lieber keinen Blick auf die Webseite von "3" werfen. Wer etwa die Produktseite zum Huawei P40 Lite besucht, könnte meinen, es wäre alles wie gewohnt. Erst ganz am Ende ist – in deutlich kleinerer Schrift als die restliche Seite – ein Disclaimer zu finden, der allerdings so gehalten ist, dass die meisten Konsumenten damit wohl kaum etwas anfangen können. Nach einem Hinweis auf das Fehlen von Play Store und Google Mobile Services kommt der kalmierende Hinweis: "Apps können entweder über die integrierte Huawei AppGallery oder über das Internet installiert werden." Dass dabei dann trotzdem derzeit vieles nicht geht, wie es bei A1 zumindest am Rande erwähnt wird, wird nicht offengelegt.

Bei Magenta wird zumindest gleich am Anfang des Bestellvorgangs auf die Situation hingewiesen.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Magenta macht es am wenigsten schlecht

Dass es auch anders geht, zeigt Magenta. Die Tochter der Deutschen Telekom ist nämlich der einzige heimische Provider, der die Situation wenigstens halbwegs seriös behandelt. Auf der Produktseite zum Huawei P40 Pro wird an oberster Stelle – und damit noch vor allen anderen Geräteinformationen – auf das Fehlen gewisser Apps hingewiesen. Beim gewählten Text handelt es sich zwar um exakt dieselbe von Huawei gelieferte Passage, die auch bei A1 zu finden ist, die prominente Positionierung hilft hier aber, Klarheit zu schaffen. Vor einem Vertragsabschluss wird ebenfalls noch einmal deutlich sichtbar auf diesen Punkt hingewiesen.

Wie weit muss man bei "3" scrollen, um auf die App-Situation hingewiesen zu werden? Sehr weit.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Schulungen

Alle drei Provider versichern gegenüber dem STANDARD, dass die eigenen Mitarbeiter in Hinblick auf diese Problematik gezielt geschult wurden. Ob es dabei mehr darum ging, wirkliche Aufklärung zu schaffen oder doch eher – wie auf den Webseiten der Betreiber – die Situation verharmlosend darzustellen, lässt sich angesichts der Zahl der Shops der Anbieter natürlich nur schwer sagen. Dass "3" dazu wörtlich davon spricht, dass "sowohl auf unserer Webseite als auch in den Shops (...) gezielt darauf hin(gewiesen wird), dass aktuelle Huawei Smartphones keine Google Services vorinstalliert haben", ist angesichts des Versteckspiels auf der Webseite jedenfalls nicht sonderlich vielversprechend.

Spannende Antworten zu Details

Interessant sind aus dieser Perspektive auch die Antworten auf einige begleitende Fragen: So versichert etwa A1, dass sich die aktuellen Verkäufe von Huawei-Smartphones auf dem Niveau des Vorjahres bewegen. Bei Magenta spricht man hingegen von gesunkenen Absätzen. Dafür sagt der T-Mobile-Nachfolger, dass die Rückgaberaten – also etwa von verärgerten Konsumenten – "sehr überschaubar" ist, was man nicht zuletzt darauf zurückführt, dass man eben transparent informiere.

Umso verblüffender sind die Antworten von A1 und "3", bei denen laut eigenen Aussagen kaum Beschwerden zu den betroffenen Geräten eintreffen. Bei "3" führt man diese darauf zurück, dass viele Konsumenten ohnehin bereits wüssten, "dass Google Apps für neue Huawei-Modelle nicht verfügbar sind".

Was passiert bei Unzufriedenheit?

Für den Fall, dass doch jemand mit seinem Google-losen Smartphone unzufrieden sein sollte, versprechen sowohl A1 als auch Magenta, "kulante Lösungen" gemeinsam mit den Kunden suchen zu wollen. Wer genau aufpasst, schließt daraus natürlich auch: Einen Anspruch darauf gibt es nicht, man ist also dem guten Willen des Mobilfunkers ausgesetzt. Bei "3" verweist man hingegen schlicht auf das Fernabsatzgesetz, das den Umtausch bei Onlinekäufen generelle ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen erlaubt. Was die Art der Bewerbung anbelangt, geben sich alle drei Anbieter äußerst knapp, bei "3" versichert man lediglich, dass man sich an "alle rechtlichen Vorgaben und Bestimmungen" halte.

Durchwachsene Situation

In Summe erscheint der Umgang österreichischer Mobilfunkanbieter mit der aktuellen Situation rund um Huawei – freundlich formuliert – verbesserungswürdig. Die Texte sind zum Teil grob verharmlosend, was aber teils egal ist, wenn man sie – wie etwa bei "3" – ohnehin kaum findet. Eine unmissverständliche Aufklärung über die aktuelle Situation gibt es bei keinem einzigen Anbieter.

Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich ist es das oberste Interesse der Mobilfunker, Smartphones zu verkaufen und so Kunden vertraglich an sich zu binden. Insofern ist all das natürlich nur begrenzt überraschend. Gleichzeitig ist aber mehr als fraglich, ob man sich dazu dermaßen offensiv als verlängerter Arm von Huawei gerieren muss.

Dem Hardwarehersteller selbst das Wording zu solch einer sensiblen Materie zu überlassen, ist insofern eine grob fahrlässige Entscheidung. Und zwar eine, die dann jene Nutzer ausbaden müssen, die nicht dauernd die Tech-News verfolgen und sich dann wundern, warum auf ihrem neuen Smartphone viele gewohnte Apps nicht laufen. Ebenso klar ist, dass das keine einfache Situation für die Provider ist, immerhin geht es hier um einen langjährigen Partner, der zweifellos ordentlich Geld einwirft. Im Endeffekt sollte es aber zuerst um die Interessen der eigenen Kunden gehen – und nicht um die Wünsche mächtiger Partner.

Klarheit statt Rauswurf

All das soll natürlich nicht heißen, dass die Mobilfunker die aktuellen Huawei-Geräte aus dem Angebote nehmen sollten. Ganz im Gegenteil kann es dem Apple/Google-Duopol im Smartphone-Bereich nur gut tun, wenn es zusätzliche Konkurrenz gibt – auch wenn hier ein komplett unabhängiger Anbieter natürlich zu bevorzugen wäre. Aber gleichzeitig muss den Kunden auch unmissverständlich klar gemacht werden, worauf sie sich einlassen, was die Vorteile – manche etwa könnten ein komplett Google-freies Gerät durchaus reizbar finden –, aber auch was die konkreten Nachteile sind. Und das geht nicht bloß mit ein paar mehr oder weniger sauber formulierten Disclaimern am Rande. (Andreas Proschofsky, 24.07.2020)