Das Land Burgenland strebt in der Causa Commerzialbank Mattersburg einen Musterprozess an.

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Mattersburg/Eisenstadt – Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Freitag im Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg eine Amtshaftungsklage des Landes angekündigt. Unterlagen, die dem Land anonym zugespielt worden seien, würden nahelegen, dass "Staatsanwaltschaft und Finanzverwaltung aus meiner Sicht nicht funktioniert haben", so Doskozil. Man strebe einen Musterprozess an.

Konkret gehe es darum, dass die Unterlagen zeigen würden, dass es 2018 bei der Prüfung eines Unternehmens aus dem Bezirk Mattersburg durch das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart den Verdacht auf Geldwäsche gegeben habe. "Dieses Unternehmen hat ganz intensive Verbindungen einerseits zur Commerzialbank und andererseits zum SV Mattersburg", betonte Doskozil.

424 fingierte Rechnungen

Laut der Niederschrift, die dem Land übermittelt wurde, habe der Unternehmer, der im Aufsichtsrat der Bank sitze und beim SV Mattersburg als Sponsor auftrete, diese Geldwäsche auch "dem Grunde nach zugegeben". Von 2013 bis 2018 sollen insgesamt 424 fingierte Rechnungen mit einer Summe von über 10 Millionen Euro an erfundene Personen ausgestellt worden sein, so Doskozil.

"Er hat gesagt, dass der die zehn Mio. Euro bei Privatbanken in Wien bar erhalten hat und dann in Mattersburg in die Commerzialbank eingezahlt hat", sagte der Landeshauptmann. Laut dem Dokument solle der Unternehmer zudem auch angegeben haben, dass "Persönlichkeiten aus dem gesellschaftlichen Leben und Politiker" involviert seien.

Auch eine Hausdurchsuchung soll es gegeben haben, der Akt sei aber offenbar nicht zur Kriminalpolizei gelangt. "Da hätten die Alarmglocken läuten müssen, aber es hat offensichtlich niemand reagiert", sagte der Landeshauptmann.

Hinzu komme, dass die Staatsanwaltschaft Eisenstadt nach einer Anzeige der Finanzmarktaufsicht 2015 keine Ermittlungsschritte eingeleitet habe. "Da muss man die Frage stellen: Warum ist das passiert? Warum hat man sich die Causa nicht besser angeschaut?", so Doskozil.

Weitere Ungereimtheiten

2016 soll die Finanzmarktaufsicht laut "ZiB2" und "Profil" der Bank die Auflage erteilt haben, die Ungereimtheiten zu beseitigen. Zudem habe sie jene zwei Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA gesperrt, die der Commerzbank zuvor eine saubere Bilanz attestiert hatten. Die TPA habe daraufhin einfach zwei andere Prüfer eingeteilt, die wiederum eine einwandfreie Bilanz attestierten. Rechtlich sei dies gedeckt.

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Musterprozess angestrebt

Das Land werde jedenfalls als Geschädigter über die Energie Burgenland und die Regionalmanagement Burgenland "die Frage der Amtshaftung sofort aufgreifen, einen Rechtsvertreter beauftragen und den Weg der Amtshaftung beschreiten", betonte Doskozil. Man werde einen Musterprozess anstreben – "im Sinne unseres Schadens und im Sinne aller anderen Geschädigten".

Der Landeshauptmann geht davon aus, dass das Finanzministerium sich nach dem Einlangen des Prozessbegehrens bei der Finanzprokuratur Gedanken machen werde, "ob es zu einer Abdeckung des kompletten Schadens kommen sollte" oder ob man in eine langwierige Rechtsauseinandersetzung gehe.

ÖVP und FPÖ kritisieren Doskozil

Die ÖVP und die FPÖ sehen in Doskozils Ankündigung einer Amtshaftungsklage einen "Ablenkungsversuch". Der Landeshauptmann versuche, "von seiner Rolle im Bankenskandal abzulenken und macht gleichzeitig deutlich, dass er an lückenloser Aufklärung nicht interessiert ist. Es kann doch nicht sein, dass Doskozil ständig so tut, als wusste er von nichts", betonte Gaby Schwarz, stellvertretende Generalsekretärin der ÖVP im Bund. Die "Rundumschläge" des Landeshauptmannes würden das Gefühl vermitteln, alle seien schuld, nur er selbst nicht, so Schwarz.

Die FPÖ Burgenland betonte, dass es anstelle von Kritik an Staatsanwaltschaft und Finanzverwaltung Unterstützung des Landes für betroffene Firmen und eine Offenlegung der "Querverbindungen zwischen der SPÖ und der Skandalbank" brauche. Für das "undifferenzierte Hinhauen des Landeshauptmannes" fehle ihm das Verständnis, sagte Wirtschaftssprecher Alexander Petschnig. Die Organe der Finanzverwaltung hätten den Bilanzskandal aufgedeckt und durch die behördliche Schließung "dort gehandelt, wo die Aufsicht des Landes und seiner privaten Auftragnehmer offenkundig kläglich versagt haben". (APA, 24.7.2020)