Mit einer Imagekampagne wollten die Wiener Neos vergangenen Sommer ihren neuen Klubchef Christoph Wiederkehr bekanntmachen. Am Samstag will er zum Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl gekürt werden.

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Für Christoph Wiederkehr ist es der offizielle Tag der Entscheidung. Obwohl diese bereits längst gefallen scheint. Am Samstag wählen die Neos auf ihrer Mitgliederversammlung im Studio 44 im dritten Bezirk ihre Liste für die Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober.

Bei der Listenerstellung greifen die Pinken auf ein bereits bei verschiedenen anderen Urnengängen erprobtes Vorwahlsystem zurück. Schließlich solle das Ganze möglichst transparent über die Bühne gehen, wie Klubchef Wiederkehr im Jänner beim Start des Prozesses ankündigte. "Einzigartig" sei das Maß an Teilhabe der Wiener Bevölkerung an der Platzvergabe der Neos, hieß es damals.

Stufenplan zur Wahl

Für einen Listenplatz mussten sich Interessierte lediglich online bewerben. Danach wurde von den Neos aber eine kleine Sicherheitsschranke eingeführt: Das Landesteam musste die Bewerber zulassen und Kandidaten, die nicht zu den Pinken passen, aussortieren. Ausgeschlossen wurde in diesem Schritt aber, wie ein Sprecher der Pinken auf STANDARD-Nachfrage erklärt, kein Bewerber.

Die Listenreihung setzt sich bei den Neos übrigens über ein Punktesystem zusammen. Abgestimmt wird getrennt über die Spitzenkandidatur und die restliche Liste. Das Vorgehen ist dabei einheitlich. Zu gleichen Teilen – zu je einem Drittel – fließen die Ergebnisse eines Online-Votings, bei dem die gesamte Wiener Bevölkerung stimmberechtigt war, die Reihung des Wiener Neos-Vorstands sowie der Ausgang der Abstimmung auf der pinken Landesmitgliederversammlung ein.

Abstimmung per Tool

Rund 1200 Mitglieder sind laut den Neos bei dem Treffen am Samstag stimmberechtigt. Allerdings werden viele von ihnen nicht vor Ort wählen. Für nur hundert Personen ist Platz in der Eventlocation am Rennweg, heißt es von den Neos. Abgestimmt werde – sowohl im Studio 44 als auch von zu Hause aus – mittels eines gemeinsamen Online-Tools.

Das Ergebnis des Online-Votings, das donnerstags geendet hat, ist sehr deutlich ausgefallen: Die Frage, wer die Pinken als Spitzenkandidat in die anstehende Wien-Wahl führen soll, beantworteten 2308 Personen mit dem Namen Christoph Wiederkehr.

Mit diesem Votum dürfte die Sache entschieden sein. Wiederkehrs Konkurrenten für Platz eins blieben in der ersten Runde weit hinter diesem. Auf Platz zwei landete mit 375 Punkten der Gastronom Gert Kunze. Der dritte und letzte Bewerber, der sich für den Spitzenposten starkmachte, der Finanzberater Amir Taslimi, erhielt nur von 193 Personen einen Punkt.

Der Zweitplatzierte Kunze ist Chef des Wiener Cafés Eiles. Im Jahr 2015 kandidierte er bei der Wien-Wahl für die Neos im Ersten. Für die anstehende Wahl will Kunze laut seiner Bewerbung: "Für Neos zwölf Prozent."

Einstellige Pinke

Doch dieses Ziel dürfte für die Pinken eher Wunschdenken bleiben. Österreichweit haben es die Pinken noch bei keiner Landtagswahl geschafft, ein zweistelliges Ergebnis einzufahren.

Bei der vergangenen Gemeinderatswahl kandidierten die Neos erstmals für das Wiener Stadtparlament – und schafften prompt den Einzug. 6,2 Prozent holte die damalige Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger. Doch nach dem Rückzug des Gründungsvorsitzenden Matthias Strolz im Jahr 2018 wechselte Meinl-Reisinger vom Wiener Gemeinderat in den Nationalrat und übernahm dort den Job der Klubobfrau. Mit 97,8 Prozent wurde im Dezember desselben Jahres Wiederkehr zum neuen Landessprecher gekürt.

Laut aktuellen Umfragen dürften sich die Neos heuer wieder bei dem Wert von 2015 einpendeln. Rund sechs Prozent werden ihnen zumeist prophezeit. Bei einer Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD Ende Juni waren sogar sieben Prozent bereit, den Neos ihre Stimme zu geben.

Ein Neuer in den Top Fünf

Aktuell stellen die Pinken fünf Gemeinderäte im Stadtparlament. Neben Wiederkehr sind das Bettina Emmerling, Stefan Gara, Markus Ornig und Thomas Weber. Die ersten drei von ihnen lagen nach dem Online-Voting auf den Listenplätzen hinter Wiederkehr. Weber schaffte es nur auf Platz acht. Die fünf komplett machte nach dem Online-Voting Unternehmer Karim ¬Rihan, seit 2016 bei den Neos. Doch das Ergebnis der Vorstands-Reihung brachte Freitagabend noch Selma Arapović auf Nummer fünf.

Eines, das sich Eiles-Chef Kunze für die Neos wünscht – nämlich mitzuregieren –, stellt zumindest auch der Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in den Raum. Dieser warnte zuletzt erneut vor einer möglichen Dirndlkoalition aus Türkis, Grün und Pink. Glaubt man Wahlumfragen, wird es allerdings eng, dass die drei Parteien eine Mehrheit im Gemeinderat erreichen. (Oona Kroisleitner, 24.7.2020)