Der US-Außenminister hielt eine Brandrede gegen China.

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Allein schon die Ortswahl spricht Bände. In Yorba Linda, im Vorortgürtel von Los Angeles, wo sich Satellitenstadt an Satellitenstadt reiht, kam Richard Nixon zur Welt. Jener Präsident, der über den Watergate-Skandal stolperte, der aber auch mit einer überraschenden Reise nach Peking die Eiszeit im Verhältnis Amerikas zu China beendete. In Yorba Linda, vor der Kulisse des Hauses, in dem Nixon geboren wurde, hält Mike Pompeo eine Rede, die er als Zäsur verstanden haben möchte.

Der Symbolik wegen ist der Außenminister, aus Brüssel kommend, extra an die Westküste geflogen, statt an der Ostküste in Washington zu landen, womit er sich fünf Stunden in der Luft erspart hätte. Nixon, sagt er, habe gehofft, dass China sich öffne, demokratischer werde, dass der Westen einen Wandel anschiebe, wenn er sich dem Land annähere. Fast fünfzig Jahre nach dem historischen Trip, der 1972 ein Tauwetter einleitete, müsse man jedoch zugeben, dass sich die Annahme als Illusion erwiesen habe.

Solle das 21. Jahrhundert im Zeichen der Freiheit stehen und nicht jenes chinesische Jahrhundert werden, von dem Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking träume, dürfe man nicht länger an alten Denkmustern festhalten: "Mit blindem Zugehen auf China wird es nicht gelingen. Wir dürfen das nicht fortsetzen. Wir dürfen nicht dahin zurückkehren."

Pompeos Rede bildet den Höhepunkt einer rhetorischen Offensive, mit der das Kabinett Trump Weichenstellungen signalisiert, das Umschwenken auf eine kompromisslos harte Linie, zumindest für den Moment. Schon der Justizminister, der Nationale Sicherheitsberater und der FBI-Direktor haben zuvor Vorträge zum Verhältnis zur Volksrepublik gehalten. Der Tenor: So wie bisher kann es nicht weitergehen.

Verschärfter Tonfall

Diese Woche verfügte das State Department die Schließung des chinesischen Generalkonsulats in Houston, worauf Peking mit der Schließung des US-Konsulats in der Stadt Chengdu reagierte. In Yorba Linda verschärft Pompeo den Ton in einer Weise, die an eine Neuauflage des Kalten Kriegs denken lässt. Die freie Welt, fordert er, müsse kehrtmachen, sie müsse Ungleichgewichte korrigieren, die im Laufe der letzten Dekaden immer stärker geworden seien. Die "Schmeicheleien" von Unternehmen hätten nichts daran geändert, dass China geistiges Eigentum stehle.

Hollywood, in Amerika das Epizentrum kreativer Freiheit, gehe in seiner Selbstzensur inzwischen so weit, dass es selbst milde Kritik am chinesischen Regime aus seinen Drehbüchern streiche. Währenddessen gebärde sich China nach innen immer autoritärer und nach außen immer aggressiver: "Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die chinesische kommunistische Partei unsere Freiheit aushöhlen und die wertebasierte Ordnung untergraben, an deren Aufbau unsere freien Gesellschaften so hart gearbeitet haben."

Es folgt eine Gardinenpredigt an die Adresse europäischer Alliierter, denen der Minister fehlende Courage vorwirft. Ein Verbündeter der USA, wettert er, ohne Namen zu nennen, habe sich nicht einmal für die Freiheit Hongkongs eingesetzt, aus Angst, sein Zugang zum chinesischen Markt könnte eingeschränkt werden. Offenbar ist Deutschland gemeint, ein Land, dem das Kabinett Trump seit längerem vorwirft, wirtschaftlicher Interessen wegen politisch keine klare Haltung zu beziehen.

Gegenüber Peking, so Pompeo, sei aber schonungslose Offenheit das einzig Richtige. Ohne Scheu, denn die Chinesen seien "stärker auf uns angewiesen, als wir auf sie angewiesen sind". Vielleicht sei die Zeit reif für eine neue Gruppierung gleichgesinnter Nationen, eine "neue Allianz der Demokratien". (Frank Herrmann aus Washington, 24.7.2020)