Der Lockdown hat auch Familinebetrieben zugesetzt – obwohl sich diese für widerstandsfähiger halten als andere.
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Die Wirtschaftswelt hatte mit der Corona-Pandemie bisher hart zu kämpfen gehabt. Unterbrochene Lieferketten haben die Industrie- und Produktionsbetriebe belastet, ausbleibende Nachfrage hat viele Dienstleister getroffen. Vor allem der Lock-down wurde zu einer Herausforderung, die wohl nicht jedes Unternehmen nachhaltig überwinden können wird. Dass von heute auf morgen die Möglichkeit unterbunden wurde, sein Geschäft zu betreiben, hat viele Betriebe hart getroffen.

Jede Krise ist auch eine Chance – so lautet ein altbekanntes Motto. Doch welche Chance steckt in der Corona-Krise für Unternehmen? Dieser Frage ist die LGT-Bank nachgegangen und hat zwischen 12. bis 26. Mai eine Umfrage unter familiengeführten Unternehmen durchgeführt. 114 Unternehmer mit 50 Mitarbeitern und mehr wurden zur aktuellen Lage, zu Chancen und Risiken sowie zum wirtschaftlichen Durchhaltevermögen befragt.

Widerstandsfähiger

Die erhobenen Daten zeigen, dass sich 81 Prozent der Familienbetriebe widerstandsfähiger sehen als nichteigentümergeführte Unternehmen. "Je größer das Familienunternehmen ist, desto größer ist diese Überzeugung", sagt Dietmar Baumgartner, Co-Chef der LGT Bank Österreich. Warum das so ist? "Vor allem, weil die zwei Parameter Flexibilität und Geschwindigkeit großgeschrieben werden", sagt Baumgartner.

Besonders die schnellen Entscheidungswege und das langfristig ausgelegte Handeln (jeweils 63 Prozent), die hohe Flexibilität (61 Prozent) und das Grundvertrauen in eine starke Unternehmenskultur (60 Prozent) werden in schwierigen Phasen als Vorteile von Familienunternehmen gesehen.

Wie aber sieht es mit der finanziellen Ausstattung aus? 64 Prozent der befragten Unternehmen geben an, die aktuellen Maßnahmen zur Corona-Pandemie länger als zehn Wochen überstehen zu können. Was sich auch zeigt, ist, dass die aktuelle Führungsgeneration optimistischer gestimmt ist als die Nachfolgegeneration. Dass die ältere Generation die aktuelle Krise eine Spur hoffnungsvoller betrachtet, könnte auch daran liegen, dass diese wohl schon mehrere schwere Phasen miterlebt hat. Aber auch daran, dass die Nachfolgegeneration noch nicht in alle Abläufe so eingebunden ist, wie diese sich das oftmals schon wünschen würde. Denn auch das zeigt die aktuelle Umfrage: Die nächste Generation will stärker involviert werden.

Geringe Nachfrage

Und was sind aktuell die größten Schwierigkeiten, um wieder in den normalen Betrieb zu finden? 70 Prozent der Befragten geben hier fehlende bzw. ausbleibende Umsätze sowie eine zu geringe Nachfrage an. Bei 30 Prozent sind es die verunsicherten Mitarbeiter, 19 Prozent klagen über Rohstoff- oder Lieferengpässe. Nur 13 Prozent sehen eine zu starke Krisenstimmung als Problem. Im Gegenteil: "Für den Großteil ist die Krise eine Chance", sagt Baumgartner. Ein knappes Viertel betrachtet wegen der Krise das Unternehmen aus einer neuen Perspektive und will in Zukunft Dinge anders angehen. Prozesse werden überdacht. Jedes zweite Unternehmen will die Digitalisierung vorantreiben. Die Möglichkeit für Homeoffice soll flexibler werden (74 Prozent). Dienstreisen werden reduziert. Die IT-Infrastruktur soll entsprechend ausgebaut werden. 67 Prozent haben Kurzarbeit im Unternehmen, 19 Prozent der Befragten sehen die Notwendigkeit einer Produktanpassung oder von neuen Produkten, "beachtliche 79 Prozent wollen ihre strategische Ausrichtung überprüfen", sagt Baumgartner. 73 Prozent der Unternehmer planen einen nachhaltigeren Geschäftsansatz.

In nur vier Prozent der Betriebe wird über Kündigungen nachgedacht, ein Prozent sieht eine Schließung/Insolvenz als mögliche Konsequenz aus der Corona-Krise. Viele der befragten Familienunternehmer erwarten jedoch eine Marktbereinigung und rechnen aber damit, dass sie gestärkt aus der Krise hervorgehen. (Bettina Pfluger, 25.7.2020)