Die Parteipolitik hat sich der Bank angenommen. Die ÖVP Burgenland sieht die SPÖ in die Affäre verstrickt, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verwehrt sich dagegen.

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Wien – Wem gehört eigentlich die über Malversationen gestürzte Mattersburger Commerzialbank? Einer regionalen Genossenschaft, ja, aber knapp 21 Prozent der Aktien stehen im Streubesitz. Vertieft man sich ins Firmenbuch, erschließt sich Genaueres. Die Genossenschaft hielt per Juli 2019 exakt 56.098 Aktien (Gesamtnominale: rund vier Mio. Euro), den Streubesitz teilen sich zehn Herren aus der Mattersburger Gegend. Sie sind oder waren im Vorstand der Genossenschaft oder im BankAufsichtsrat oder im Vorstand.

Großaktionär unter den Kleinaktionären ist Martin Pucher, Exvorstandschef der Bank, der den Bilanzskandal laut seiner Darstellung zu verantworten hat. Ihm gehörten zuletzt 1400 Aktien zum Nominale von 102.200 Euro. Die Aufsichtsratsmitglieder G., R. und T. halten je 600 Aktien à 43.800 Euro Gesamtnominale. Landwirt Josef G., hält 40 Anteilsscheine des Instituts, dessen Aufsichtsrat er seit 1995 leitet.

Aufsichtsratschef seit Beginn an

Die Frage, was der 76-jährige Bürgermeister (ÖVP) aus der Gegend in diesen 25 Jahren erlebt hat und womit das Kontrollgremium befasst oder auch nicht befasst wurde, ist derzeit authentisch nicht zu beantworten: G. ist nicht zu erreichen. Überhaupt hat sich bislang noch niemand aus dem Kontrollgremium zu Wort gemeldet.

Viele seiner Mitglieder sind schon seit Gründung der Bank dabei. Selbige hat Pucher 1995 aus dem Raiffeisensektor herausgelöst, zunächst als Commerzbank. Wie DER STANDARD erfahren hat, soll er schon in Raiffeisen-Zeiten zu tricksen begonnen haben.

Fit & proper?

Die Frage, ob die Aufsichtsratsmitglieder (und Bankaktionäre), zu denen etwa ein Dachdecker und Gastwirt zählt, wie vom Gesetz gefordert fit & proper sind, lässt sich nur schwer beurteilen. Die Voraussetzungen für Mitglieder von Bankaufsichtsräten hängen abseits der persönlichen Zuverlässigkeit von der fachlichen Eignung ab. Die wiederum richtet sich nach Größe und Geschäftsmodell des Instituts. Grund, einem Aufsichtsratsmitglied der Commerzialbank die Fit-&-proper-Eigenschaft abzuerkennen (den Test gibt es erst einige Jahre) gab es offenbar nicht. Zudem, so heißt es in Aufsichtskreisen, seien die Möglichkeiten der Kontrollore beschränkt, insofern, als auch sie sich auf testierte Bilanzen verlassen dürfen. Und die gab es ja bis zuletzt, TPA hat geprüft.

Nun hat sich die Parteipolitik der Bank angenommen. Die ÖVP Burgenland sieht die SPÖ in die Affäre verstrickt, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verwehrt sich dagegen. Der Sozialdemokratische Gemeindevertreterverband fordert in einem offenen Brief an Kanzler und Finanzminister finanzielle Hilfe für betroffene Gemeinden, und Doskozil ortet Fehler von Staatsanwaltschaft und Finanzverwaltung. Er kündigte am Freitag eine Amtshaftungsklage gegen die Republik an. (Renate Graber, 25.7.2020)