Der ehemalige Verteidigungsminister und jetzige Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil (Bildmitte), und Mario Kunasek, ebenfalls ehemaliger Verteidigungsminister und derzeit Chef der FPÖ Steiermark (links im Bild), wollen gemeinsam gegen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) auftreten. Derselben Meinung wie die beiden Ex-Minister ist auch der ehemalige Generalstabschef Edmund Entacher (rechts).

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"Eines Tages", philosophiert der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) bei einem Pressetermin im Wiener Café Landtmann, "werden die Leute fragen: 'Wozu braucht es die SPÖ?'" Damit es nicht so weit komme, äußere er sich in Sachfragen und verwehre sich dagegen, aus jeder Sachfrage eine Personalfrage zu machen. Die angesprochene Sachfrage ist, ob sich die SPÖ eher für Arbeitszeitverkürzung einsetzen soll oder für einen Mindestlohn. Doskozil ist entschieden für den zweiten Weg.

Er ist auch dafür, mit allen Parteien ("Das ist mein persönlicher Stil") im Gespräch zu bleiben. Mehr sei nicht dahinter, dass Ex-Minister Doskozil (in diesem Amt 2016 und 2017) seinen Amtsnachfolger im Verteidigungsministerium, Mario Kunasek (Minister von 2017 bis 2019, jetzt FPÖ-Klubchef in der Steiermark), mitgebracht hat. Es gehe um die Sache – und die Sache ist die Landesverteidigung.

Am Montag hat sich mit den beiden ehemaligen Verteidigungsministern Mario Kunasek (FPÖ) und Hans Peter Doskozil sowie dem Ex-Generalstabschef Edmund Entacher eine ungewöhnliche Allianz gegen die aktuelle Ressortchefin Klaudia Tanner (ÖVP) gestellt. Das Trio kritisierte die Reformpläne für das Heer, warnte vor einem Kaputtsparen und bekundete die Ansicht, dass Tanner rücktrittsreif sei.
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Gegen deren schleichende finanzielle Ausdünnung haben Doskozil und Kunacek, deren Bundesparteien sonst getrennte Oppositionspolitik gegen die türkis-grüne Regierung machen, gemeinsam mit dem ehemaligen Generalstabschef Edmund Entacher mobil gemacht.

Überraschende Entwicklungen

Entacher gab zu Protokoll, dass das Bundesheer nicht Selbstzweck sei, sondern einen konkreten Verteidigungsauftrag zu erfüllen habe, wenn die Bedrohung eben konkret werde. Und das könne schneller gehen, als es sich die verantwortlichen Politiker und deren Kabinette vorstellen können: "Tatsache ist, dass die großen Entwicklungen immer überraschend kommen." Weder der Fall der Berliner Mauer noch die Kriege beim Zerfall des ehemaligen Jugoslawien oder auch der Arabische Frühling mit seinen Folgen seien korrekt vorhergesehen worden, erinnert der General in Ruhe.

Und weil Österreichs Territorium bei einem auf Europa übergreifenden Konflikt "auf jeden Fall dabei ist, leider", müsse man militärisch vorbereitet sein – und "üben, üben, üben", auch wenn etwa verpflichtende Milizübungen aus politischen Überlegungen nicht beliebt seien.

Das zielt auf die ÖVP ab, was Entacher nicht ausspricht, von Kunasek und Doskozil aber umso deutlicher angesprochen wird. Nicht nur halten sie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ("zum jetzigen Zeitpunkt", wie Doskozil einschränkt) für rücktrittsreif: "Ich glaub, die Frau Bundesministerin weiß nicht, was es heißt, ein souveräner Staat zu sein." Zudem fehle dem ÖVP-geführten Finanzministerium das fachliche Wissen, dennoch rede es in Beschaffungsfragen drein.

In Wirklichkeit decke das Verteidigungsbudget den Personalbedarf (1,4 Milliarden Euro), den laufenden Betrieb (600 Millionen Euro) und Investitionen von 200 Millionen ab – gebraucht würden aber drei Milliarden.

Europäische Dimension

Die Ex-Minister nehmen aber nicht nur Verteidigungsministerin und Finanzminister in die Pflicht. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse zu seiner Verpflichtung stehen. Landesverteidigung habe auch eine europäische Dimension, sagt Kunasek: "Ich möchte den Kanzler daran erinnern, dass er es war, der unter das Pesco-Projekt, die ständige strukturierte Zusammenarbeit in Europa, seine Unterschrift gesetzt hat." Pesco sieht aber eindeutig vor, dass sich die europäischen Länder dazu verpflichten, ständig steigende Verteidigungsbudgets aufzubringen. Leider aber interessiere sich innerhalb der ÖVP niemand mehr für das Bundesheer, klagt Kunasek. (Conrad Seidl, 27.7.2020)