Urlaub in Österreich schützt vor dem Virus? St. Wolfgang stellt diese Behauptung der Regierung infrage.

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Haben die Behörden durch rasches Handeln die Infektionskette in St. Wolfgang durchtrennen können, und ist die Lage nun im Griff? Oder ist der Urlaubsort am Wolfgangsee ein zweites Ischgl, wo man aus Rücksicht auf das Geschäft das Auftreten von Corona-Fällen tagelang vertuschte und dadurch unzählige Gäste gefährdete?

Wir wissen die Antwort nicht, weil über die Vorgänge vergangene Woche noch zu wenig bekannt und die Frage der Ausbreitung des Virus stets mit großen Unsicherheiten behaftet ist. Tatsache ist, dass Österreich in der Anfangsphase der Pandemie entschlossen und erfolgreich gehandelt hat und auch in der Lockerungsphase seit Mitte April relativ glimpflich davongekommen ist. Dass stets neue Infektionscluster auftreten können, war immer klar. Werden diese rasch entdeckt und die Betroffenen isoliert, dann müssen nicht ganze Gemeinden oder Regionen abgeriegelt werden. Bei jeder Neuinfektion den Notstand auszurufen wäre genauso falsch wie ein nachlässiger Umgang mit dem Virus.

Guter Hammer, schwacher Tanz

Aber der Ausbruch in St. Wolfgang fällt in eine Zeit, in der es die Bundesregierung insgesamt an Souveränität im Umgang mit Covid-19 vermissen lässt. Um das inzwischen bekannte Bild zu verwenden: Der türkis-grüne Hammer hat getroffen, aber beim Tanz geraten Bund, Länder und andere Institutionen ins Stolpern. Kein Land der Welt kommt in der Corona-Krise ohne Schrammen davon, aber es gibt einige Grundregeln, die Regierungen beachten sollten: Sie müssen klug differenzieren und klar kommunizieren. Beides geschieht in Österreich zu wenig.

Die Strenge der Maßnahmen sollte in jeder Region und jeder Gemeinde von der Zahl und dem Anstieg der Infektionen abhängen. Dafür wäre die Corona-Ampel gedacht, die allerdings erst im August – fünf Monate nach dem ersten Lockdown – in Probebetrieb gehen soll. Das ist ein großes Versäumnis. Stattdessen hat jedes Bundesland eigene Regeln, was zur absurden Situation führt, dass im oberösterreichischen St. Wolfgang im öffentlichen Raum Maskenpflicht herrscht, im Salzburger Nachbarort St. Gilgen aber nicht.

LHStv. Christine Haberlander (ÖVP) sprach in einer Pressekonferenz über die aktuellen Zahlen
DER STANDARD/APA

Rückstand bei Testungen

Genauso ist man bei den Testungen im massiven Rückstand, selbst in der Tourismusbranche, wo schon längst alle Mitarbeiter hätten durchgetestet werden müssen – und das regelmäßig. Und wenn am vergangenen Mittwoch ein erster Fall in einem Urlaubsort wie St. Wolfgang auftritt, dann darf man nicht mit der Bekanntgabe bis Freitag und mit Massentests bis Samstag warten, wenn viele Urlauber wieder abgereist sind.

Chaotisch und unverständlich sind auch die neuen Einreisebestimmungen, vor allem für Rückkehrende aus dem Westbalkan. Es ist schon legitim, dass sich ein Land vor Infektionen aus dem Ausland schützen will. Aber eine Verordnung, die selbst die durchführenden Behörden überfordert, ist ein untaugliches Mittel. Und die Verwirrung um zu viele widersprüchliche Regeln schadet der Disziplin in der Bevölkerung.

Dass Österreich bereits in anderen europäischen Staaten wie Finnland als Risikoregion gilt, mag unberechtigt sein. Aber die gleiche nationalistisch angehauchte Willkür hat auch die türkis-grüne Regierung seit Anbeginn an den Tag gelegt. Und der Ausbruch in St. Wolfgang zerstört die größte Lüge dieser Regierung: dass man sich vor dem Virus am besten schützt, indem man heuer Urlaub in Österreich macht. (Eric Frey, 27.7.2020)