Die SPÖ hat eine Vermutung: Der ÖVP-nahe Staatsholding-Chef Thomas Schmid könnte bis heute in einem Dienstverhältnis mit einem Ministerium stehen. Konkret wollen die Sozialdemokraten prüfen, ob Schmid aktuell im Außen- oder Finanzressort karenziert ist – und ob der Bund als Dienstgeber in dem Fall eine disziplinarrechtliche Untersuchung einleiten müsste.

Rücktrittsaufforderungen

Schmid arbeitete zwischen 2008 und 2013 als Pressesprecher im Kabinett des damaligen Außenministers und dann ÖVP-Chefs Michael Spindelegger. Mit diesem wechselte er ins Finanzministerium, dort wurde er Kabinettschef. Ab 2015 war er dort auch Generalsekretär, bis er 2019 als Alleinvorstand in die Österreichische Beteiligungs AG, kurz Öbag, wechselte.

Gegen den ÖVP-nahen Manager Thomas Schmid wird unter anderem auch in der Causa Casinos ermittelt.
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Schon seit Ende vergangenen Jahres sieht sich Schmid, der als Vertrauter von Kanzler Sebastian Kurz gilt, mit Rücktrittsaufforderungen der Opposition konfrontiert. Er wird im Casinos-Verfahren als Beschuldigter geführt, weil er am türkis-blauen Deal rund um die Bestellung von FPÖ-Mann Peter Sidlo beteiligt gewesen sein soll. Schmid hat stets alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Die behördlichen Auswertungen seiner Chats lieferten dann Hinweise für Ermittlungen wegen mutmaßlichen Drogenkonsums. Sein Anwalt beteuert, die Angelegenheit sei verjährt. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung. Zuletzt wurde bekannt, dass Schmid die Ausschreibung des Öbag-Chefpostens, den er später bekam, selbst mit- und umformuliert haben soll. Zu diesem Zeitpunkt war er Generalsekretär und Kabinettschef von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP).

Frage des Datenschutzes

DER STANDARD hat im Finanz- sowie im Außenministerium wegen einer Karenzierung Schmids nachgefragt und unterschiedliche Auskünfte erhalten. Im Finanzressort wurde die Anfrage prompt beantwortet: Es bestehe kein aufrechtes Dienstverhältnis mit Schmid. Der Vertrag sei damals einvernehmlich gelöst worden, seither gebe es keine wie auch immer geartete Verbindung. Das Außenministerium ließ hingegen ausrichten, dass man dazu aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen könne.

Die SPÖ wird in den kommenden Tagen nun parlamentarische Anfragen einbringen, durch die sämtliche Fragen rund um eine mögliche Karenzierung geklärt werden sollen. Die Papiere liegen dem STANDARD vor. Die Sozialdemokraten gehen davon aus, dass im Fall von Schmid dessen Grundrecht auf Datenschutz durch das öffentliche Interesse an Kontrolle und Aufklärung abgeschwächt wird. In der Anfrage wird auch ausgeführt, dass in ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit Disziplinarverfahren eingeleitet wurden.

SPÖ ortet "Mega-Skandal"

"Als Öbag-Chef ist Thomas Schmid längst untragbar", sagt der rote Vize-Klubchef Jörg Leichtfried. "Sollte sich nun auch noch herausstellen, dass er ein aufrechtes Dienstverhältnis im türkisen Außenministerium hat, das der Öffentlichkeit verschwiegen wurde, wird die Causa zum Mega-Skandal."

Am späten Montagabend erreichte den STANDARD dann ein Dementi von Thomas Kralik, Schmids Anwalt. DER STANDARD hatte ihn bereits am Nachmittag kontaktiert, da wollte er noch keine Stellungnahme abgeben. Am Abend – nach Veröffentlichung des Artikels – erklärt Kralik: "Es gibt kein aufrechtes Dienstverhältnis meines Mandanten zu irgendeinem Ministerium, also weder eine Karenzierung im Außenministerium noch im Finanzministerium."

Grundsätzlich sind Karenzierungen in Ministerien nicht unüblich. Sie ermöglichen Beamten und Vertragsbediensteten den Wechsel in Kabinette oder andere Jobs, während sie eine Planstelle in ihrem ursprünglichen Ressort behalten. Sie können dorthin somit jederzeit zurückkehren. (Katharina Mittelstaedt, 27.7.2020)