Viele Unternehmen berichten von "einer schlechten Geschäftslage und schwachen Auftragsbestände".

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Wien – 200 neue Jobs bis zum Jahr 2023, 100 Millionen Euro für neue Maschinen und Prozesse, 20 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung: AT&S investiert kräftig am Standort Leoben. Gute Nachrichten wie diese und jene, dass Novartis nun dank der staatlichen Schmiermittel am Standort Kundl in Tirol investiert, sind derzeit eher rar.

Unternehmen halten sich in schwierigen Zeiten mit Investitionen zurück. Beliefen sich die Bruttoinvestitionen im Jahr 2019 laut Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) auf 94,47 Mrd. Euro, werden für 2020 knapp 87 Mrd. Euro erwartet. Die Industriellenvereinigung (IV) hat bei ihren Mitgliedern im Mai erfragt, dass etwa in Niederösterreich fast 80 Prozent der Unternehmen ihre Investitionspläne krisenbedingt umgekrempelt haben, auch in der Steiermark und in anderen Bundesländern wurden Investitionen teilweise spürbar verschoben – auf einen unbestimmten Zeitpunkt, um ein Jahr, um einige Monate. Mittlerweile mehren sich die Anzeichen für eine Erholung der Konjunktur. Wie tragfähig sie ist, ist noch offen.

Wucht der Pandemie

Die aktuelle Konjunkturumfrage der IV Steiermark dokumentiert – nach den Worten des dortigen IV-Geschäftsführers Gernot Pagger "die volle Wucht", mit der die steirische Industrie von der Corona-Pandemie getroffen worden sei. 52 Prozent der Unternehmen meldeten im Juni "eine schlechte Geschäftslage und schwache Auftragsbestände". Es gebe nach wie vor "große Unwägbarkeiten", in der globalen Wirtschaftsentwicklung, aber speziell auch durch die "kaum vorhersehbare gesundheitliche Entwicklung". "Wir fahren weiter auf Sicht", so Pragger.

Wie in allen anderen Bundesländern zeigt sich auch im Industrieland Steiermark kein einheitliches Bild der Sektoren. Ob Maschinenbau oder IT: Einige Firmen stellen ihre Investitionen zurück, andere sind froh über gute Auftragslagen, ein Teil bangt um Folgeaufträge, andere derselben Branche suchen Personal und haben kaum Covid-induzierte Probleme. Viel Schatten, aber auch Licht. Während etwa AT&S investiert, hat der Elektromotorenerzeuger ATB im obersteirischen Spielberg angekündigt, 360 Mitarbeiter zu entlassen, was das Ende der Produktion des Traditionsunternehmens bedeuten würde.

Zuversicht

Der ebenfalls in der Obersteiermark beheimatete Holzkonzern Mayr Melnhof Holz Holding AG hält indes an den Plänen einer 130 Millionen-Investition fest. "Wir mussten im Sägewerk Leoben den erweiterten Zweischichtbetrieb auf einen zurückfahren", sagt Vorstandsvorsitzender Richard Stralz im Gespräch mit dem STANDARD. 20 Prozent stünden im Vergleich zum Vorjahr im Minus, zumal Italien und Spanien als zentrale Märkte ausgefallen sind.

"Es bessert sich langsam", sagt Stralz. Besonders getroffen habe Mayr Melnhof als Baustoff-Zulieferer der Ausfall der Bautätigkeiten in Österreich. Dass in Österreich eine "Vollbremsung" eingelegt worden sei, während Deutschland oder Tschechien weiter Großbauvorhaben weitergezogen hätten, sei für ihn nicht ganz nachvollziehbar. Eine Sparte der Mayr-Melnhof-Produktion ist ein guter Indikator für eine andere Branche. Der Konzern produziert auch Verpackungswaren für die Auto- und Autozulieferindustrie. "Der Motor stockt", sagt Stralz. Die Aufträge gingen um 20 bis 30 Prozent zurück.

Aus Gewerkschaftskreisen heißt es, dass einige Betriebe der Branche längst in Schieflage seien. Magna-Sprecher Stefan Seibert prognostiziert, dass die Branche erst 2021/22 wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreichen werde.

Personalreduktion

Sollte die krisenhafte Entwicklung jedenfalls weit in das Jahr 2021 hineinreichen, rechnet IV-Geschäftsführer Pagger allgemein mit "Anpassungen beim Personalstand". Die Personalplanung der Unternehmen zeige, dass jeder vierte Betrieb in der Steiermark mit reduziertem Personalstand bis zum Herbst plant.

WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf sieht indes die Gefahr einer Insolvenzwelle, wenn die Corona-Hilfskredite zurückgezahlt werden müssen, wie er vergangene Woche erklärte. Zwar habe Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) die Möglichkeit von Ratenzahlungen für ein Jahr angekündigt, das werde aber möglicherweise nicht ausreichen. Hier seien noch weitere Gespräche mit der Regierung notwendig.

Kopf geht auch davon aus, dass die veranschlagte Milliarde für Investitionsprämien nicht reichen werde. Und er mahnt eine Beschleunigung der Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ein. Private und staatliche Investitionen in Höhe von 15 Mrd. Euro würden sich derzeit "in der Pipeline befinden". Dazu kämen noch Vorhaben, die auch wegen der langen Dauer der UVP-Verfahren erst gar nicht angegangen würden.(mue, rebu, 28.7.2020)