Das Finanzministerium hat Walter Rothensteiner bereits von seinen Rücktrittsplänen informiert.

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Wien/Prag/Gumpoldskirchen – Walter Rothensteiner legt den Aufsichtsratsvorsitz in der teilstaatlichen Casinos Austria (Casag) zurück. Das hat die "Kronen Zeitung" berichtet. Rothensteiner hat das Kontrollgremium des Glücksspielkonzerns fast 25 Jahre lang geführt; in der Causa rund um Peter Sidlos Bestellung zum Finanzvorstand wird Raiffeisen-Generalanwalt Rothensteiner als Beschuldigter geführt. Er bestreitet die Vorwürfe, zuletzt hat er das im Ibiza-U-Ausschuss im Parlament getan.

Personen aus Rothensteiners Umfeld erklären den Rücktritt des Aufsichtsratspräsidenten mit der neuen Eigentümerstruktur in der Casinos Austria – sie habe Rothensteiner dazu bewegt, seine Funktion zurückzulegen. Ein üblicher Vorgang, wenn sich Mehrheiten in Unternehmen ändern: Die tschechische Sazka hat ihren Anteil auf 55 Prozent aufgestockt. Rothensteiner habe seinen Rücktritt schon für Mai überlegt gehabt, heißt es, da tagte die Hauptversammlung zuletzt.

Siemens-Chef Hesoun soll folgen

Die Frage, wer Rothensteiner als Aufsichtsratschef nachfolgen wird, ist offiziell offen. Laut STANDARD-Recherchen soll Siemens-Österreich-Vorstandschef Wolfgang Hesoun den Posten bekommen. 33-Prozent-Eigentümer Öbag hat gemäß Syndikatsvertrag mit den Tschechen das Recht, die Kandidaten für die Chefposten in Vorstand und Kontrollgremium zu nominieren. Das Finanzministerium gab zur Frage, ob Hesoun folgen werde, keine Stellungnahme ab. "Über die Nachfolge wird zeitgerecht von den zuständigen Gremien der ÖBAG entschieden", ließ ein Sprecher nur wissen – auch Öbag und Sazka kommentieren die Personalie nicht.

Neue Eigentümerstruktur

Doch der Reihe nach: Die tschechische Sazka Group hat die Mehrheit und das Sagen im Konzern erst seit kurzem. Dem war ein jahrelanger Eigentümerstreit vorausgegangen, zwischen Novomatic, Sazka und Staat. Der Glücksspielkonzern Novomatic wurde von den Wettbewerbshütern gebremst, musste sich mit 17 Prozent bescheiden, letztlich hat er seine Beteiligung nun an die Tschechen verkauft.

Die Aktionäre werden nun einen neuen Aufsichtsratschef bestimmen, laut "Krone" will Rothensteiner seine Funktionen bis zur Hauptversammlung im September zurücklegen.

Der frühere Bankchef (Raiffeisen Zentralbank, Raiffeisen Bank International) ist seit 1994 im Aufsichtsrat der Casag und seit 1996 Chef ihres Kontrollgremiums.

Knackpunkt Sidlo-Bestellung

Seinen Abgang hätte sich der Raiffeisen-Generalanwalt sicher anders vorgestellt, denn die Affäre um einen möglichen politischen Postenschacher in Verbindung mit einem Glücksspiel-Deal rund um FPÖ-Mann Sidlo als Finanzchef des Unternehmens überschattete das letzte Jahr. Rothensteiner stand der Bestellung des Novomatic-Kandidaten Sidlo kritisch gegenüber, dachte deswegen zwischendurch an Rücktritt, wie sich aus seinen schriftlichen Notizen ergibt. Allerdings habe sich seine Skepsis auf die Persönlichkeit des Kandidaten bezogen, nicht auf dessen fachliche Eignung, das betonte Rothensteiner immer wieder – zuletzt bei seiner Aussage im U-Ausschuss. Sidlo habe sich dann auch gut geschlagen im Casag-Vorstand.

Öbag kann Präsidenten nominieren

Vonseiten des Finanzministeriums heißt es auf "Krone"-Nachfrage: "Wir bedanken uns für den jahrelangen intensiven Einsatz im Interesse des Unternehmens und der Steuerzahler." Über die Nachfolge werde zeitgerecht bis Herbst entschieden, und da kommt Öbag-Alleinvorstand Thomas Schmid ins Spiel. Er wird als Chef der österreichischen Beteiligungs-AG – sie verwaltet die milliardenschweren Anteile des Bundes wie die 33 Prozent an den Casinos, an der OMV, der Telekom oder der Post – ein Wörtchen mitzureden haben.

Die Sazka Group hält zwar nun die Mehrheit der Anteile an der Casag, es gibt aber einen Syndikatsvertrag – und diesem zufolge kann die Republik den Aufsichtsratschef nominieren. Und die Republik dürfte eben den Chef von Siemens Österreich vorschlagen. Er würde dann in den Aufsichtsrat gewählt werden, dessen Mitglieder den Vorsitzenden aus ihren Reihen wählen. Mit Hesoun dürften alle Aktionäre gut leben können.

Auch die Öabg sagt zu diese Thema nichts, man danke Rothensteiner für seinen jahrelangen Einsatz, "die Casag-Aktionäre der Casag werden ihrer Verantwortung, eine geeignete Nachfolge zu bestimmen, ordnungsgemäß nachkommen", Gerüchte kommentiere man nicht.

Pikanter Besuch bei Pilnacek

Der 67-jährige Rothensteiner war zuletzt durch seinen Besuch beim Strafrechtssektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, aufgefallen, gemeinsam mit Casag-Aufsichtsratsmitglied Josef Pröll. Mit dem Leipnik-Lundenburger-Chef und Exfinanzminister (ÖVP) hat der Exbanker im Ministerium vorgesprochen. Es sei vor allem darum gegangen, zu erfragen, wie Strafermittlungen so laufen und warum er sein bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmtes Handy so lange nicht zurückbekomme, erklärten Rothensteiner wie Pilnacek zu dem pikanten Treffen sinngemäß.

Ob der Abgang des Casinos-Aufsichtsratshefs in der heiklen Polit-Causa weitere Rücktritte auslösen wird, ist Gegenstand von Spekulationen. Nach veröffentlichten Chat-Protokollen gilt ja auch Öbag-Chef Schmid für die Opposition als rücktrittsreif. (gra, APA, 28.7.2020)