Matthew Rhys als Perry Mason, die HBO-Serie ist ab Freitag auf Sky zu sehen.

Foto: HBO, Sky

Unterföhring/Wien – "Dies ist nicht der Perry Mason Ihrer Großmutter." Mit diesem Slogan warb der Sender HBO für die neue Krimiserie "Perry Mason" in den USA. Das liegt daran, dass diese achtteilige Neuauflage die frühen Tage des amerikanischen Kultanwalts erkundet, als er noch ein zerzauster Detektiv war. Matthew Rhys verwandelt ihn in eine spannende Noir-Version des berühmten Strafverteidigers. Ab Freitag bei Sky.

Perry Mason ist am bekanntesten als der Anwalt, der in den 1950er- und 1960er-Jahren von Raymond Burr in der TV-Serie gespielt wurde und dann in einer Reihe von Fernsehfilmen, die in den 1980ern begannen. Mit dem Schauspieler, der die Figur 40 Jahre lang porträtierte, ist Mason ein amerikanischer Held geworden, der auf den Romanen von Erle Stanley Gardner basiert und der im Gerichtssaal zu Unrecht Beschuldigte verteidigte. Die neue Interpretation von HBO ist ein gut aussehender Noir-Thriller, der den Staub von Masons Filzhut fegt.

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Matthew Rhys ist der neue Mason

Der Perry Mason, den wir 1931 treffen, wird von dem Emmy-Preisträger Matthew Rhys ("The Americans") gespielt und ist – zumindest in den ersten Folgen – noch kein angesehener Anwalt, sondern ein ramponierter Privatdetektiv mit einem Flachmann in der Brusttasche. Hier wird er von seiner Zeit im Ersten Weltkrieg heimgesucht, die in Rückblenden zu sehen ist. Er lebt auf einer alten Milchfarm, die seine Eltern ihm hinterlassen haben. Seine Frau hat ihn verlassen und ihren neunjährigen Sohn mitgenommen.

Ab und zu hat er schnellen Sex mit einer trinkfesten Pilotin (Veronica Falcon), die sein Grundstück kaufen will, aber ein Frauenheld ist er nicht. Mason ist verschuldet, und um über die Runden zu kommen, machen er und sein Partner (Shea Whigham) Fotos von Hollywoodschauspielern in ungünstigen Situationen. Es ist kein glamouröses Leben.

Da wird eines Tages ein Baby ermordet, und die Eltern (Gayle Rankin und Nate Corddry) des Kindes werden zu Verdächtigen. Ihr Anwalt E.B. Jonathan (John Lithgow) zieht Mason in den Fall hinein, was ihn zu einer Kultkirche führt, deren Starpredigerin (Tatiana Maslany aus der Hitserie "Orphan Black") ihrer Gemeinde Wunder verspricht, samt der Auferweckung eines geliebten Menschen von den Toten. In der ersten Staffel gelingt es Hauptdarsteller Rhys, diese beiden Bögen miteinander zu verbinden und die Geschichte unseres Helden überzeugend mit diesem mysteriösen Mord und dem Gerichtsprozess zu verknüpfen.

Flirts und Rassismus

Die Showrunner Rolin Jones und Ron Fitzgerald übernahmen die Serie, nachdem Nic Pizzolatto gegangen war, um an der dritten Staffel von "True Detective" zu arbeiten. Pizzolattos Sinn für Nihilismus blieb aber erhalten. In der ursprünglichen Version wäre auch Robert Downey Jr. zu sehen gewesen, der als ausführender Produzent an Bord blieb. Aber Matthew Rhys, ein ausdrucksstarker Darsteller, ist eine wunderbare Wahl für die Rolle. Der Waliser spielt Mason als Teil einer Tradition gefolterter Protagonisten, die sich von den "Sopranos" bis zu seiner eigenen Serie "The Americans" erstreckt.

Es ist nicht nur eine Originstory für den Anwalt. Während die Proteste gegen Rassismus in der realen Welt weitergehen, erhalten bestimmte Handlungsstränge von "Perry Mason" eine zusätzliche Bedeutung. Paul Drake, ursprünglich Masons Privatdetektiv, wurde hier als afroamerikanischer Polizist (Chris Chalk), der von seinen weißen Kollegen nicht ernst genommen wird, neu interpretiert. Della Street (Juliet Rylance) ist im Original Masons Sekretärin und Flirt, aber in der neuen Serie hat sie eine Beziehung mit einer Frau, die sie geheim halten muss.

Nachtblau und Grau

Dank des Regieduos Tim Van Patten ("Boardwalk Empire") und Deniz Gamze Erguven ("Mustang") ist das Krimidrama auch wunderschön anzusehen, inklusive der blutgefüllten Szenen, meistens in Nachtblau und Grau gemalt, passend zum düsteren Ton der Serie, der dem sonnigen L.A. trotzt. "Perry Mason" lief am 21. Juni in den USA an, der stärksten Debütnacht aller Serien auf HBO seit fast zwei Jahren, die der Beginn vieler weiterer sein soll. (APA, 28.7.2020)