Angestachelt von Verschwörungserzählungen, etwa dass es einen Zusammenhang zwischen 5G und dem Coronavirus Sars-CoV-2 gebe, rücken weltweit Gegner des neuen Mobilfunkstandards aus. Neben harmlosen Demonstrationen gab es in den letzten Monaten vermehrt Vandalenakte gegen Sendemasten, speziell in Form von Brandstiftung.

Doch auch auf politischer Ebene werden die Aktivisten tätig, berichte nun das Forum Mobilkommunikation (FMK), ein Verband der heimischen Mobilfunker sowie Firmen aus dem Bereich Netzwerktechnologie. Besonders Bürgermeister werden gezielt ins Visier genommen.

"Handlungsempfehlungen"

Die Ortsoberhäupter erhalten Schreiben, in denen die Corona-Pandemie als erfundene oder absichtlich herbeigeführte Ablenkung dargestellt wird, um durch die Hintertür den Netzausbau vorantreiben zu können. Neben Bitten, die Errichtung von Sendeanlagen zu verhindern, werden dabei mitunter "Handlungsempfehlungen" mitgeschickt. Infolgedessen sind bereits Ansuchen um Stellungnahme seitens der Amtsträger eingegangen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Demonstration gegen 5G und Impfungen in Buenos Aires nach dem Erlass von Pandemie-bedingten Einschränkungen durch die Regierung.
Foto: Reuters

Bürgermeister sind die erste Instanz der Baubehörden und können daher, zumindest temporär, die Errichtung neuer Masten und Sender an Gebäuden unterbinden. Das FMK verweist allerdings auf den rechtlichen Rahmen in Österreich, der Abstände und Sendeleistung gemäß internationaler Grenzwerte regelt.

Möglicher Amtsmissbrauch

Neben anderen Fehlern in den Anleitungen erachtet man es als problematisch, sollten Bürgermeister auf Basis einer solchen Eingabe von 5G-Gegnern tatsächlich Maßnahmen setzen und aus politischer Motivation heraus den Bau beziehungsweise die Anbringung von Sendern verhindern. Dies könnte nach Ansicht des Verbands als Amtsmissbrauch ausgelegt werden.

Ähnliche Kampagnen werden auch aus anderen Ländern berichtet. Aber auch Redaktionen von Medien werden immer wieder – teils von einzelnen Besorgten, teils offenbar im Rahmen größerer Kampagnen – mit entsprechender elektronischer Post bedacht. Auch an den STANDARD wurden bereits einige Mails dieser Art geschickt.

Die Entwicklung bösartiger Gehirntumore in Österreich laut Krebsregister.
Foto: Statistik Austria

Bisher kein Nachweis für Gefährlichkeit

Trotz zahlreicher Untersuchungen ist bislang noch kein Nachweis geglückt, dass Mobilfunk in den üblicherweise und auch für 5G-Flächenfunk genutzten Frequenzspektren (liegend im Bereich von 700 MHz bis 5 GHz) schädliche Auswirkungen auf die körperliche oder psychische Verfassung hat. Behauptungen, Mobilfunkstrahlung würde die Entwicklung von Gehirntumoren fördern – wie sie einst beim 3G-Ausbau laut wurden –, werden durch die Daten der Statistik Austria nicht bestätigt.

Obwohl es seit einem Vierteljahrhundert flächendeckenden Mobilfunk in Österreich gibt, hat sich die Erkrankungsrate nicht verändert. Sie liegt seit 1994 – dem Jahr, in dem erstmals fast das ganze Land vom GSM-Netz abgedeckt wurde – stabil bei acht bis neun Fällen pro 100.000 Einwohner im Jahr. Auch die 2011 im "British Medical Journal" veröffentlichten Daten einer Langzeitbeobachtung von 350.000 Handynutzern, die über 18 Jahre untersucht worden waren, konnte keinen Zusammenhang zwischen Mobilfunk und Krebs feststellen.

Weniger gut untersucht sind höhere Frequenzbereiche, Bedenken gibt es speziell gegenüber sogenannten "Millimeterwellen" (ab etwa 26 GHz), die im Verdacht stehen, die Haut- und Augenoberfläche schädigen zu können. Aufgrund der extrem limitierten Reichweite dieser hohen Frequenzen sind sie für den Einsatz im Massenmobilfunk allerdings eher untauglich. (gpi, 28.7.2020)