Auf die richtige Verpackung kommt es an: Vakuum kommt eher bei hochpreisigen Fleischprodukten zum Einsatz, ansonsten sorgt ein Mix aus verschiedenen Gasen für eine gute Optik und lange Haltbarkeit.

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Wenn abgepacktes Frischfleisch im Kühlregal tagelang gut aussieht und auch daheim einige Tage im Kühlschrank hält, dann sorgt meist eine unsichtbare Schutzatmosphäre aus verschiedenen Gasen dafür. Diese sollen das Fleisch nicht nur präsentabel machen, sondern auch krankheitsauslösende und den Verderb ankurbelnde Keime fernhalten.

"Die heutigen Haltbarkeitsverlängerungen von frischen Fleischprodukten sind in der Regel durch Schutzgase erreicht. Ihr Einsatz ist seit Jahrzehnten Standard. Die Frage ist nun, kann man da noch mehr rausholen, oder ist das Ende der Fahnenstange erreicht?", sagt Michael Krainz, Experte für Lebensmittelverpackungen am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI).

Gaskombinationen

In dem von ihm geleiteten Forschungsprojekt im Lebensmittelcluster "MAP 2.0 – Modified Atmosphere Packaging der 2. Generation" soll diese Frage beantwortet werden. Das bundesländerübergreifende Konsortium zwischen OFI – einem Mitglied des mittelständischen Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR) – und vier Unternehmen wird vom strategischen Wirtschafts- und Forschungsprogramm "Innovatives OÖ 2020" vom Land Oberösterreich sowie vom Land Niederösterreich gefördert.

"Wir wollen mit einer neuentwickelten Labormethode vor allem untersuchen, wie genau die verschiedenen Gase und Gaskombinationen auf pathogene Keime wirken. Können sie ihre Zahl gezielt reduzieren oder sie gar ganz ausschalten?", erklärt Krainz.

Dazu fänden sich in der Fachliteratur nur wenige Hinweise für einzelne Produkte wie beispielsweise Hühnerfilets. "Insgesamt weiß man nicht viel über diese Zusatzeffekte." Ebenso unklar ist, ob neue Gaskombinationen den Einsatz von Konservierungsmitteln weiter senken könnten.

Sauerstoffboost

Schutzgase für Fleischprodukte sind Bestandteile der Luft. Am häufigsten werden verschiedene Gemische aus Sauerstoff, Kohlendioxid und Stickstoff eingesetzt. Ihre Anteile weichen von dem des Luftmixes ab und werden für jedes Produkt individuell abgestimmt, je nachdem, wofür sie anfälliger sind.

Bei Frischfleisch wie Steaks und Hackfleisch sorgt hochkonzentrierter Sauerstoff (60 bis 80 Prozent) sechs bis acht Tage für anhaltend rote und damit frisch wirkende Farbe, weil er den Muskelfarbstoff Myoglobin zum kräftig roten Oximyoglobin oxidiert.

Beim normalen Luftsauerstoffanteil von 21 Prozent entsteht bevorzugt das graubraune Metmyoglobin. Darüber hinaus hemmt ein hoher Sauerstoffanteil das Wachstum von anaeroben, also ohne Sauerstoff auskommende Schadbakterien wie Chlostridium botulinum.

Bei vielen anderen Fleischprodukten wie Wurst ist Sauerstoff dagegen unerwünscht. Zum einen, weil er das Wachstum von aeroben (sauerstoffabhängigen) Bakterien und Schimmelpilzen begünstigt, die Lebensmittel verderben lassen. Zum anderen kann das Gas durch die Oxidation von Inhaltsstoffen wie Fetten die Struktur, den Geschmack und das Aussehen der Produkte beeinträchtigen. Sauerstoff lässt sich aber durch Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff verdrängen.

Kohlendioxid gegen Keime

Der Zusatzvorteil von CO2: Es hemmt ab einem Anteil von 20 Prozent das Wachstum aerober Bakterien und Schimmelpilzen, indem es sich in flüssigen und fetthaltigen Bestandteilen der Lebensmittel löst und dadurch den pH-Wert auf für die Keime schädliche Werte senkt.

Schweinefleisch bleibt damit bis zu zwölf Tage haltbar. Weil zu viel CO2 zu einem sauren Geschmack führen würde, wird das Gas oft mit Stickstoff kombiniert. Der wiederum hat den Vorteil, dass er gar nicht mit den Lebensmitteln reagiert und ihre Eigenschaften nicht verändert.

Der Luftsauerstoff lässt sich auch mithilfe von Vakuum fernhalten. "Vakuum-Skin-Verpackungen kommen aber eher bei hochpreisigen Produkten zu Einsatz. Was man nimmt, hängt letztlich stark vom Fleisch ab, vom Einsatzgebiet und den Kosten", sagt Krainz. Liegt der Fokus wie etwa bei gefaltetem Schinken auf der Präsentation, entscheiden sich Produzenten eher gegen die Vakuumverpackung.

Wie viel ließe sich realistisch mit neuen Gaszusammensetzungen noch herausholen? Krainz hofft, dass weitere zwei bis drei Tage mit guter Qualität möglich sind. Das hätte große Auswirkungen. "Jeder Tag, den man ein Produkt länger im Handel abverkaufen kann, reduziert die Menge an weggeworfenen Abfällen", sagt Krainz. Das wiederum spare CO2-Emissionen, die sonst beim Verrotten auf der Deponie entstehen.

Qualität erhalten

Gleichzeitig gilt: "Selbst wenn wir in den Laborversuchen herausfinden, dass wir mit einer neuen Kombination pathogene Keime besser ausschalten können", dürfe das nicht mit Einbußen in der Haltbarkeit, Verfärbungen oder unangenehmen Gerüchen einher gehen, betont Krainz.

Die deutsche Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hatte etwa kritisiert, dass der hochkonzentrierte Sauerstoff Muskeleiweiße und Fette im Fleisch oxidiert. Dadurch werde es beim Kochen zu zäh und kann ranzig schmecken.

Darüber hinaus altere das Fleisch innen ungebremst, wo es keinen Kontakt mit dem Schutzgas hat. Das kann zum Problem werden, wenn Verbraucher das Fleisch nicht lange genug braten, um alle Keime abzutöten, weil sie die Farbe im Inneren zu früh für "gut durch" halten.

"Wir werden uns im Projekt damit beschäftigen, wie sich die Produktqualität verändert, und solche Veränderungen erfassen und beurteilen", sagt Krainz. Frischfleisch sollte jedenfalls vor allem am Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums ausreichend lange durchgebraten werden. (Veronika Szentpétery-Kessler, 3.8.2020)