Der Rücktritt Walter Rothensteiners als Aufsichtsratspräsident der Casinos Austria kommt spät – aber er kommt. Schon während der Vorstandsbestellung Peter Sidlos hatte er Rückzugsideen, umgesetzt hat er sie erst jetzt. Damit tat er weder den Casinos einen Gefallen noch sich selbst: Er geht mit Blessuren. Die Frage, ob ein Abgang einem Schuldeingeständnis gleichkommt, mag Strafrechtler beschäftigen. Der Glaubwürdigkeit von Managern und Unternehmen wäre der eine oder andere Rücktritt förderlich: Compliance und Verantwortung muss man leben, nicht nur in Geschäftsberichte schreiben.

Der Rücktritt Walter Rothensteiners als Aufsichtsratspräsident der Casinos Austria kommt spät.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

In Österreich aber tritt man nicht zurück.

Die Post fasst wegen eines Megadatenskandals eine (nicht rechtskräftige) Strafe von 18 Millionen Euro aus? Der Post-Chef bleibt in seinem Sessel sitzen. Der Aufsichtsrat schaut zu. Der Chef der Öbag gerät in den Postenschacherstrudel und andere Turbulenzen, Chats legen nahe, dass er die Ausschreibung für seinen Posten selbst mitgestaltet hat? Er bleibt in seinem Sessel sitzen. Der Aufsichtsrat schaut zu.

Der Tiroler Vizelandeschef heißt eine WWF-Vertreterin "widerwärtiges Luder"? Er bleibt in seinem Sessel sitzen. Das Volk muss zuschauen. Der Gesundheitslandesrat glaubt, die Behörde habe beim Corona-Ausbruch in Ischgl alles richtig gemacht? Er bleibt in seinem Sessel sitzen. Das Volk muss zuschauen.

Hoffentlich tritt es nicht irgendwann zurück. (Renate Graber, 28.7.2020)