Saufen, koksen, schwitzen – daran denken viele Leute beim Stichwort Club. Und dann erdreisten sich die Nachtgastronomen auch noch, einen hundertprozentigen Fixkostenzuschuss zu fordern, wo alle anderen nur 75 Prozent bekommen! Frech!

Nun, ganz so frech ist das nicht. Clubs und andere Musikspielstätten gehörten zu den ersten Betrieben, die am Anfang der Corona-Pandemie schließen mussten. Sie durften seither nicht wieder in gewohnter Manier aufmachen, und niemand weiß, wann sie es je wieder dürfen. Vertretbarer Kahlschlag? Nein.

Natürlich ist nicht jede Bar, nicht jede Disco, nicht jedes Kitzloch ein Ort der Kultur. Natürlich will niemand Ansteckungen riskieren, nachdem es in Clubs international immer wieder zu Clusterbildungen kam. Natürlich wäre es fahrlässig, Clubs jetzt in gewohnter Form aufzusperren.

Aber man muss ihr Überleben sichern, weil sie – nicht immer, aber oft genug – Kulturräume sind. Clubs, die sich so wahrnehmen und so agieren, sind auch trotz Internets, das die ganze Musikindustrie umkrempelte, genau die identitätsstiftenden Orte geblieben, die sie immer – und zwar seit dem 19. Jahrhundert – waren.

Clubs und andere Musikspielstätten gehörten zu den ersten Betrieben, die am Anfang der Corona-Pandemie schließen mussten.
Foto: Veronika Huber

Heute sind sie oftmals politische Orte, an denen bestimmte Communitys (egal ob die LGBTQ-Community oder die Interessengemeinschaften Metal, Drum ’n’ Bass oder House) so etwas wie Freiheit erleben. Es sind Orte, an denen die Grundsteine für Karrieren gelegt werden. Bleiben wir in Wien: kein Wanda ohne frühe Auftritte in irgendwelchen ranzigen Kellern, kein Mavi Phoenix, der einen seiner ersten Auftritte in einer halbleeren Grellen Forelle bei einer Clubshow spielte. Oder früher: kein Technoboom im Wien der 90er-Jahre ohne die legendären Gasometer-Raves, kein Falco ohne U4 – und umgekehrt.

Clubsterben

Oft entsteht hierzulande der Eindruck, Clubkultur ist nur etwas wert, wenn sie zum Aufhübschen und Aufpeppen der sogenannten Hochkultur dient. Da "experimentieren" die Wiener Festwochen dann mit "neuen" Formaten, vulgo DJ-Set, da darf kein Plattenteller bei Ausstellungseröffnungen von großen Häusern fehlen. Da ist sie dann recht, die Clubkultur: als Zuckerl obendrauf und bitte nicht zu laut!

Andere Länder, andere Sitten: Seit 2017 zählt die Zürcher Technokultur zum immateriellen Unesco-Kulturerbe, in Berlin überlegt man gerade Ähnliches, seit sich dort ein merkliches Clubsterben bemerkbar gemacht hat. Verständlich, immerhin reisten dort 2018 drei Millionen Touristen nur wegen der Club- und Partykultur an. Das ist natürlich ein nicht irrelevanter Wirtschaftsfaktor, weswegen in Berlin die Lage der Clublandschaft von der Politik deutlich ernster genommen wird.

Wien ist nicht Berlin, dennoch kann die Ansage der heimischen Politik an Betreiber nicht weiterhin und ausschließlich lauten: "Ihr müsst halt kreativ werden." Die Kreativität – die Stärke einer Szene, die immer schon im Prekariat tätig war – nun gegen sie zu auszulegen ist gelinde gesagt eine Frotzelei.

Man muss die Clubs nicht gleich zum immateriellen Kulturgut machen, eine materielle Unterstützung mittels hundertprozentigen Fixkostenzuschusses würde für den Anfang einmal reichen. Das ist keine dreiste Forderung. Das müssen die Clubs einer Stadt wie Wien, eines Landes wie Österreich, das ja so stolz auf seine Kultur ist, schon wert sein.(Amira Ben Saoud, 28.7.2020)