Rathgeber vor dem Landesgericht Salzburg.

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Salzburg – Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic formuliert es so: "Es ist der letzte Akt der Aufarbeitung, das 'grande finale' im Salzburger Finanzskandal." Was am 6. Dezember 2012 mit einer eilig einberufenen Pressekonferenz des damaligen Finanzlandesrates David Brenner begonnen hatte, endete am Mittwoch recht unspektakulär nach einer einstündigen Schöffenverhandlung am Salzburger Landesgericht.

Die ehemalige Budgetreferatsleiterin des Landes Salzburg, Monika Rathgeber, wurde im Hauptverfahren – wenig überraschend – schuldig gesprochen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) warf ihr vor, 124 Swaps mit einem Gesamtschaden von rund 35 Millionen Euro zum Nachteil des Landes Salzburg entgegen einer ausdrücklichen Verbotsweisung abgeschlossenen zu haben. Der Schöffensenat verurteilte sie wegen Untreue zu einer Zusatzstrafe von 18 Monaten bedingter Haft.

Vierte Verurteilung

Es ist die vierte Verurteilung Rathgebers. In den vorangegangenen drei Prozessen wurde sie insgesamt bereits zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Den unbedingten Anteil der Strafe von 18 Monaten saß sie mit einer Fußfessel im elektronischen Hausarrest ab.

Oberstaatsanwalt Adamovic erklärte in seinem Eingangsplädoyer, dass er fast auf dem Tag genau vor sieben Jahren, am 1. August, bei der WKStA begonnen und damals den Akt übernommen habe. Die Akten hätten das komplette Nachbarzimmer gefüllt. Es folgte eine Aufarbeitung sehr komplexer Vorgänge, die nur mit Wirtschaftsexperten möglich gewesen sei. Bei Hausdurchsuchungen seien 50 Umzugskartons an Bankunterlagen beschlagnahmt wurden. "Die sichergestellten E-Mails waren dankenswerterweise sehr sauber abgelegt", sagte Adamovic Richtung Rathgeber, die daraufhin nickte.

Anweisungen konsequent missachtet

Rathgeber habe auch sehr sauber und rechtmäßig gearbeitet, sagte Adamovic, aber es gebe eben auch eine Kategorie von Geschäften, bei denen die Vorgaben nicht eingehalten wurden. Bis zur Finanzkrise habe sie sehr erfolgreich Geschäfte abgeschlossen und damit auch Millionengewinne für das Landesbudget lukriert – und sogar einen Puffer von rund 350 Millionen Euro angelegt. "Mit Einsetzen der Finanzkrise schmolz das Guthaben wie die Gletscher in Zeiten des Klimawandels", sagte Adamovic. Übrig blieben nur noch 13 Millionen. Daraufhin habe der damalige Finanzlandesrat Othmar Raus (SPÖ) Vorsicht eingemahnt, ein weniger risikoreiches Vorgehen verlangt und einen Finanzbeirat installiert.

Rathgeber habe sich mit dem Vorgehen jedoch nicht anfreunden können und "wollte als persönlichen Verdienst" das Geld wieder zurückgewinnen, betonte der Staatsanwalt. Sie habe die Anweisungen konsequent missachtet und sowohl bereits verbotene spekulative Währungsgeschäfte als auch sogenannte Range Accrual Swaps abgeschlossen. "Der Untreueschaden liegt bei rund 35 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel", sagte Adamovic. Er betonte aber auch, dass es ein ungewöhnlicher Fall sei: "Ein Vermögensdelikt, wo nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet wird, sondern eine Totalidentifikation mit ihrem Beruf in der Finanzabteilung gegeben war."

Teilgeständnis von Rathgeber

Monika Rathgeber legte ein Teilgeständnis ab. Unter Tränen sagte die 49-Jährige wie auch in den vorherigen Verfahren, sie habe dem Land nicht vorsätzlich einen Schaden zufügen wollen. "Ich wollte immer das Beste für das Land." Sie habe den Fehler gemacht, dass sie ihrem Kollegen und dem Abteilungsleiter vertraut und keine schriftlichen Bestätigungen gefordert habe. Sie habe darauf vertraut, dass die sich erinnern können, was bei den Einvernahmen im Verfahren dann nicht der Fall gewesen sei. "Ich war viel zu dumm und naiv", sagte Rathgeber.

Sie habe darauf hingewiesen, dass durch die neuen Vorgaben die Zinsen steigen würden und so die Budgetgrenzen nicht eingehalten werden könnten, erklärte Rathgeber. Deshalb habe sie sich dazu gezwungen gefühlt, weitere Geschäfte abzuschließen. Doch sie habe nicht bei allen ihr zur Last gelegten Geschäften gegen eine Weisung verstoßen, denn einige der Geschäfte seien bereits vor dem 18. April, an dem der Finanzbeirat die neuen Richtlinien festlegte, abgeschlossen worden. "Es ist nichts Neues, dass ich für Sachen angeklagt werde, die ich auch machen durfte. Wenn ich auch dafür bestraft werde, dann soll es so sein", gab sich Rathgeber resigniert.

Die vorsitzende Richterin des Schöffensenats, Martina Pfarrkirchner, verzichtete im Einverständnis von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf die Befragung von Zeugen und Gutachtern. Nach einer Stunde schloss sie das Beweisverfahren und zog sich mit dem Senat 15 Minuten zur Beratung zurück. Sowohl der Staatsanwalt wie Verteidiger Herbert Hübel meinten, eine Bewährungsstrafe sei aufgrund der vorhergehenden Verurteilungen ausreichend. Dem schloss sich dann auch der Schöffensenat an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Während ihr Verteidiger den Spruch des Gerichts annahm, meldete die Staatsanwaltschaft Bedenkzeit an.

Finanzskandal krempelte Salzburg um

Der Salzburger Finanzskandal war Ende 2012 nach einer Anfrage des STANDARD in der Finanzabteilung des Landes publik geworden. Das Land trat daraufhin die Flucht nach vorn an und erklärte bei einer Proessekonferenz, dass vermutet werde, dass in der Finanzabteilung Steuergeld in Höhe von 340 Millionen Euro verspekuliert worden sei. Die politische Folge waren Neuwahlen, die damalige SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller trat zurück – und ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt.

Neben Monika Rathgeber wurde im dritten Prozess des Finanzskandals zuletzt der ehemalige Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) wegen Untreue zu einer Haftstrafe von drei Jahren, eines davon unbedingt, verurteilt. Der Oberste Gerichtshofs (OGH) hat das Urteil im Oktober bestätigt. Schaden sitzt die Haftstrafe mit einer Fußfessel ab. Mit ihm wurden auch der ehemalige Landeshauptmannstellvertreter Othmar Raus (SPÖ) und vier Beamte verurteilt. (Stefanie Ruep, 29.7.2020)