Schwimmender Cluster: Auf der Diamond Princess infizierten sich über 700 der Passagiere mit dem neuen Coronavirus. Je nach Zählung starben davon sieben bis 13 Personen.

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In vielen Länderstatistiken zur Covid-19-Pandemie wird die Diamond Princess nach wie vor als eigenes "Land" geführt. Das Kreuzfahrtschiff war einige Zeit lang sogar jener Ort außerhalb Chinas, wo man die meisten Infektionen zählte, insgesamt sollten es 712 Fälle werden. Das Schiff, auf dem bereits 2014 auf einer Australienkreuzfahrt 60 Passagiere mit einem Norovirus erkrankt waren, wurde damit zu einer Art unfreiwilligem Versuchslabor für Covid-19.

Zahlreiche Studien haben sich seitdem mit dem Ausbruch auf dem Schiff befasst. Die jüngste kommt aus Japan und weist nach, dass die Infektionen auf der Diamond Princess auf eine einzige Person zurückgingen.

Chronologie des Clusters

Doch zunächst noch einmal zur bekannten Chronologie der Ereignisse: Am 5. Februar wurde die Diamond Princess mit 3.711 Passagieren und Crewmitgliedern an Bord im Hafen von Yokohama bis zum 19. Februar unter Quarantäne gestellt, nachdem zuvor ein 80-jähriger Passagier, der in Hongkong von Bord gegangen war, positiv auf das Coronavirus getestet worden war.

Während der Quarantäne hat man schwerer erkrankte Personen zur Behandlung auf Krankenhäuser in Yokohama und Umgebung verteilt, sonst allerdings machte man nicht allzu viel richtig. Am 13. Februar wurden nach Medienangaben 219 Personen – darunter 15 Mitglieder der Besatzung und ein Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden – positiv getestet. Die Zahl stieg bis zum Ende der Quarantäne am 19. Februar auf 542, ehe letztlich 712 Infizierte gezählt wurden.

Es gab nach Angeben der WHO insgesamt 13 Todesfälle und 32 kritische Fälle. Der letzte Todesfall eines Passagiers der Diamond Princess ereignete sich erst am 16. April, weshalb in manchen Statistiken (und auch in der PNAS-Publikation) bloß von sieben Toten die Rede ist.

Nachträgliche Rekonstruktion

Eine der Begleituntersuchungen des epidemiologischen Geschehens auf dem Schiff führten Forscher um Makoto Kuroda (Staatliches japanisches Institut für Infektionskrankheiten in Tokio) durch: Sie machten bei Passagieren und Besatzungsmitgliedern des Schiffes Corona-Tests und untersuchten danach 148 Genomsequenzen der Virusproben. Die Analysen zeigten, dass alle Coronaviren dieselbe Mutation aufwiesen, wie das japanische Forscherteam in der US-Fachzeitschrift "PNAS" schreibt.

Die Wissenschafter folgern daraus, dass "die Ausbreitung von Sars-CoV-2 an Bord der Diamond Princess von einem einzigen Infektionsereignis vor Beginn der Quarantäneperiode ausging". Die Forscher befassten sich in ihrer Studie auch mit den Übertragungswegen. Da galt ja lange die Klimaanlage des Schiffes als mögliche Virenschleuder.

Laut der neuen Studie begannen die Masseninfektionen aber wahrscheinlich während der Zusammenkünfte in den großen Gemeinschaftsräumen des Kreuzfahrtschiffes, "wo die Passagiere tanzten, sangen, einkauften und Shows besuchten".

Kritik an den Behörden

Damit bestätigen die Forscher auch indirekt die Kritik am Krisenmanagement der japanischen Gesundheitsbehörden, die man etwa dafür kritisierte, dass es keine Aufteilung in grüne (virusfreie) und rote (möglicherweise kontaminierte und damit nicht sichere) Zonen gab und keine Regeln zum Tragen eines Mundschutzes. (Klaus Taschwer, 29.7.2020)