Gesundheitsminister Anschober will mit der Corona-Ampel mit dem Verordnungschaos aufräumen.

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Antonia Rauth: [00:00:15] Der Gesundheitsminister ist den Österreich wohl kaum einmal so im Rampenlicht gestanden wie in den letzten Monaten. Die Corona-Pandemie hat den Grünen-Politiker Rudolf Anschober und seine Agenden zu einer der wichtigsten Schlüsselpersonen im Land gemacht, wobei er anfangs viel Lob geerntet hat, jetzt aber immer mehr Kritik. Warum er jetzt eine Reform des Gesundheitsministeriums angekündigt hat und wie diese aussehen soll, erklärt Katharina Mittelstaedt vom STANDARD. Katharina, Gesundheitsminister Anschober hat gestern also angekündigt, dass eine Reform in seinem Ministerium für September kommen soll. Warum braucht es die denn?

Katharina Mittelstaedt: [00:00:53] Gesundheitsminister Rudolf Anschober ist derzeit etwas pannengebeutelt, könnte man sagen. Er ist als Gesundheitsminister inmitten einer globalen Pandemie der Mann der Krise. Er hat dafür auch sehr viel Zuspruch bekommen und Lob. Das auch durchaus zu Recht. Aber es lief eben nicht alles gut. Immer wieder gab es Unklarheiten, was man nun in Österreich darf und was nicht. Mit wem man auf der Parkbank sitzen kann, mit wem man sich treffen darf. Am bittersten war für sein Kabinett zum Schluss, dass der Verfassungsgerichtshof zwei Verordnungen als gesetzeswidrig beanstandet hat. Das ist natürlich sehr unglücklich für ihn.

Antonia Rauth: [00:01:29] Was soll sich denn im Gesundheitsministerium jetzt konkret ändern, dass ihnen da aus dieser Krise wieder rausbringen könnte?

Katharina Mittelstaedt: [00:01:36] Minister Anschober hat bereits angekündigt, dass er mehr Juristen anstellen möchte. Das ist aber natürlich nur ein kleiner Teil im Hintergrund. Es soll eine große Organisationsreform passieren. Die ist auch nicht erst seit Corona geplant. Das Gesundheits- und das Sozialressort sind unter Türkis-Blau wieder zusammengelegt worden. Da gibt es einige Verschränkungen, die wieder passieren sollen. Schlussendlich sollen Sanktionen aufgelassen werden und auch neue geschaffen werden. Das bedeutet natürlich auch, dass neue Leitungsfunktionen ausgeschrieben werden müssten. Eine Leitungsfunktion in einer Sektion, die bestehen bleibt, ist bis heute noch nicht besetzt. Da ist noch ziemlich viel im Umbruch und in Bewegung.

Antonia Rauth: [00:02:21] Also könnte man sagen Das Ministerium wird im September zur Großbaustelle und so richtig in ganz vielen Belangen umgebaut?

Katharina Mittelstaedt: [00:02:28] Eine Großbaustelle ist es wahrscheinlich schon jetzt. Im Hintergrund läuft das natürlich nicht erst seit gestern. Ja, da ist viel in Bewegung und wird bis Herbst wahrscheinlich noch einiges passieren. Vieles ist auch schon klar, aber es muss jetzt eben noch strukturiert und organisiert werden.

Antonia Rauth: [00:02:44] Rudolf Anschober war zuerst der Mann der Krise und hat dann viel Kritik einstecken müssen. Warum denn konkret?

Katharina Mittelstaedt: [00:02:50] Auf diese Krise war man im Gesundheitsministerium nicht vorbereitet. Das bestreitet niemand dort im Haus. Das sagt auch Rudolf Anschober selbst. Entschuldigend kann man natürlich vortragen, dass er und seine Leute nicht die einzigen in Österreich sind, die auf eine globale Pandemie jetzt nicht direkt perfekt vorbereitet waren. Trotzdem sind natürlich Fehler passiert. Auch das sagt der Minister selbst und natürlich auch peinliche Fehler. Also, dass Verordnungen vom Verfassungsgerichtshof wieder zurück geschleudert werden – das ist doch mehr als ungut. Anschober entgegnet dem, obwohl er sehr einsichtig ist, das natürlich auch über hundert Erlasse, Verordnungen, Gesetze unter enormen Zeitdruck jetzt während der Krise umgesetzt werden mussten. Das stimmt. Aber jetzt muss man natürlich darauf reagieren, wo es nicht funktioniert hat. Und man muss darauf reagieren, dass das Ministerium wieder krisenfest wird.

Antonia Rauth: [00:03:49] Rudolf Anschober hat sehr viel Schuld auf sich genommen, hat sich entschuldigt. Ist er denn wirklich der, auf dessen Kappe da die meisten Fehler gehen? Oder waren da andere Regierungsmitglieder im Grunde genauso involviert, die sich jetzt nicht öffentlich entschuldigen müssen?

Katharina Mittelstaedt: [00:04:04] Ja, nicht nur andere Regierungsmitglieder. Ich glaube, man kann das natürlich nicht alleine an der Person Rudolf Anschober festmachen. Er ist der Kopf des Hauses. Er ist der letzte Verantwortliche als Minister. Aber wenn man sich im Haus umhört, sagen natürlich auch viele "Na ja, es wird gespart in unseren Ressorts." Und das nicht seit gestern, sondern im Grunde seit Anfang der 2000er-Jahre. Es gibt immer weniger Personal, es wird dadurch natürlich auch die Kompetenz in den Häusern ausgedünnt. Und dann passieren Fehler. Die werden halt innerhalb einer Krise plötzlich ganz besonders sichtbar.

Antonia Rauth: [00:04:38] Gesundheitsminister Anschober hat trotz dieses schwierigen Jobs eigentlich in der Krise immer sehr gute Popularitätswerte bekommen. Die Bevölkerung mochte scheinbar, wie er mit der Krise umgegangen ist. Und er hat sogar Kanzler Kurz, der ja eigentlich meistens die besten Umfragewerte hat, zwischenzeitlich überholt. Wie kam das denn zustande, dass er da so beliebt war?

Katharina Mittelstaedt: [00:05:00] Man kann natürlich grundsätzlich von solchen Rankings halten, was man will. Aber es ist wahr: Er hat in diesen Umfragen den Kanzler, der ewig extrem populär war, übertrumpft und ist offensichtlich wahnsinnig beliebt und gestärkt aus dieser Krise trotz allem hervorgegangen. Er wird für seine sehr ruhige und sachliche Art geschätzt. Er kann grundsätzlich gut erklären. Auch wenn es viele Ungereimtheiten gab, ist er, glaube ich, einer, der weiß, wie man die Dinge ans Volk bringt und vermittelt. Diese Popularität hat aber natürlich auch irgendwie eine Kehrseite, kann man sagen. Manche bei den Grünen haben ja schon ein wenig Angst, dass womöglich die ÖVP nicht so glücklich ist darüber, dass ihr strahlender Kanzler jetzt in den Beliebtheitswerten übertrumpft wurde. Und ja, da wird man sehen, wie es weitergeht.

Antonia Rauth: [00:05:54] Wie schätzt du das denn ein? Wird Anschober es jetzt schaffen, dass er quasi diese Kehrseite der Popularität, dass er jetzt eben auch stark kritisiert wird, wieder umkehrt? Oder könnte dieser öffentliche Gegenwind ihm jetzt doch auch gefährlich werden?

Katharina Mittelstaedt: [00:06:09] Ich denke nicht. Ich bin eigentlich davon überzeugt, dass er das ganz gut hinbekommen wird und das Ruder auch wieder herumreißen. Die latente Angst bei manchen Grünen ist seine Popularität. Auch in Journalistenkreisen wird immer wieder gerätselt, ob jetzt quasi der Boulevard ausgeschickt wird und ÖVP Strategen da quasi schon trommeln, dass Rudolf Anschober von dieser Seite dann angegriffen und womöglich wieder vom Thron gestoßen wird. Ich muss sagen, ich glaube, Rudolf Anschober selbst ist da relativ gelassen, und man kann diesen Streifzug jetzt auch aktuell noch nicht erkennen.

Antonia Rauth: [00:06:50] Grundsätzlich muss man jetzt sagen, die Grünen haben dafür, dass sie das erste Mal in einer Bundesregierung sind, mit dem Gesundheitsministerium in der Corona-Krise gleich einmal ein ziemlich großes Schiff schaukeln müssen. Wie ist ihnen das denn generell gelungen?

Katharina Mittelstaedt: [00:07:03] Man kann sagen, das Sozial- und Gesundheitsministerium zu bekommen, war schon während der Regierungsverhandlungen ein großer Erfolg, damals in erster Linie ein machtpolitischer Erfolg. Weil mit dem Gesundheitsressort, mit dem Sozialressort, wenn man da kein Gegenüber hat, das einem viel Geld in die Hand gibt, dann ist es keins, mit dem man glänzt. Inzwischen sieht das anders aus. Das Gesundheitsressort ist das Ressort der Krise. Rudolf Anschober war der Kopf der Krise. Ja, er hat natürlich auch alle Grünenpolitiker, muss man sagen, überstrahlt, er und auch Werner Kogler. Aber vor allem Rudolf Anschober hat das geschaukelt, und ich glaube, dass es deswegen durchaus ein Schlüsselressort wurde. Hätte die ÖVP das schon damals gewusst während der Regierungsverhandlungen – womöglich hätte sie es den Grünen gar nicht gegeben. Also, unterm Strich, muss man definitiv sagen, haben die Grünen mit diesem Ressort und mit Rudolf Anschober in diesem Ressort ohne Zweifel gewonnen.

Antonia Rauth: [00:08:04] Denkst du, dass sie aus dieser Erfahrung, aus diesem Erfolg, auch Schwung mitnehmen können, was ihre Kompetenzen angeht und wie sie gesehen werden? Bisher wurden die Grünen ja oft vor allem auf Umwelt und Klimaschutz reduziert. Können Sie da quasi Ihr Portfolio in Zukunft breiter aufstellen?

Katharina Mittelstaedt: [00:08:22] Das ist derzeit wahrscheinlich noch ein bisschen schwer zu sagen, kann aber durchaus sein. Es stimmt, dass die Grünen die klassische Klima-Partei waren. Immer wieder gab es natürlich auch andere Themenschwerpunkte – frauenpolitische Arbeit oder Transparenz. Und diese Dinge mit einer besonders ausgeklügelten Gesundheitspolitik. Sind Sie bisher weniger aufgefallen? Ja, da haben Sie bestimmt Ihr Portfolio erweitern können.

Antonia Rauth: [00:08:45] Danke Katharina Mittelstaedt für diese Einschätzung.