Der Stubenring 1 in der Wiener Innenstadt befindet sich derzeit im Umbau. Nicht äußerlich, nicht sichtbar. Doch die Strukturen des Sozial- und Gesundheitsministeriums werden bald nicht mehr die gleichen sein. Er werde das Haus "neu aufstellen", erklärte der grüne Ressortchef Rudolf Anschober am Dienstag. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits seit Wochen und Monaten. Und nicht jede geplante Veränderung ist der Corona-Krise geschuldet, die das Ministerium bis an die oberste Leistungsgrenze gefordert und manchmal auch überfordert hatte.

Der Gesundheitsminister Rudolf Anschober zeigt sich reumütig: Es sei einiges schiefgelaufen. Bis Herbst will er sein Haus reformieren.
Foto: APA/FOHRINGER

Die vergangenen Wochen waren hektisch. Es sind Fehler passiert. Das streitet selbst im Gesundheitsressort niemand ab. Am bittersten war für das Kabinett Anschobers, dass der Verfassungsgerichtshof zwei Corona-Verordnungen für gesetzwidrig erklärte. Im Hintergrund hört man: Die Höchstrichter konnten es kaum fassen, wie schlecht die eiligen juristischen Texte und ihre Begründungen ausfielen. "Wir waren auf diese Krise nicht vorbereitet", sagt ein hoher Beamter des Ministeriums. Ein Grund dafür sei aber auch, dass seit Anfang der 2000er-Jahre stetig Personal abgebaut und damit auch die Kompetenz ausgedünnt wurde.

Schlechte Arbeit, mehr Juristen

Anschober, der in einschlägigen Rankings beliebteste Politiker Österreichs, gibt sich nach den Pannen betont einsichtig: "Das darf nicht passieren, und das ist einfach schlechte Arbeit gewesen, Punkt." Er will sein Großressort nun bis Herbst krisensicher machen. Aber wie?

Angekündigt hat Anschober bereits, dass er das juristische Personal im Haus um fünf oder sogar sechs Stellen aufstocken möchte. Hinter den Kulissen ist aber bereits eine umfassende Organisationsreform im Gang.

So soll das Ministerium zwar auch künftig in sieben Sektionen gegliedert sein, inhaltlich wird sich jedoch einiges verschieben – was auch bedeutet: Mehrere Leitungsfunktionen werden neu ausgeschrieben. Die Sektion für Konsumentenschutz soll in ihrer jetzigen Form aufgelöst werden und in einer neuen, größeren Sektion aufgehen. Thematisch würden dort unter anderem auch die Lebensmittelsicherheit und das Veterinärrecht untergebracht, hört man aus dem Ressort.

Der bisherigen Sektion für Konsumentenschutz stand ein vermeintlich FPÖ-naher Beamter vor, der unter der blauen Ministerin Beate Hartinger-Klein seinen Job bekam. Jene, die es mit Anschober nicht so gut meinen, unterstellen ihm "Umfärbung". Anderen sprechen von einer inhaltlich sinnvollen, längst notwendigen Neugliederung.

Neue Sektionschefs im Herbst

Auch die Sektion, die für das Gesundheitssystem zuständig ist, soll anders gestaltet werden. Es handelt sich dabei um jenen Bereich, dem einst die heutige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner vorstand und in dem auch die Fachabteilung für Epidemiologie untergebracht ist – was bedeutet: Dort wurzeln inhaltlich die beanstandeten Verordnungen. Nach der Reform soll zwischen einer Sektion für Humanmedizin und einer für Gesundheitspolitik unterschieden werden, heißt es im Haus.

Die drei neuen Sektionschefposten sollen dann im Herbst ausgeschrieben werden. Manche munkeln, Anschober habe bereits Kandidaten im Kopf – etwa den ÖVP-nahen Beamten Clemens Auer, derzeit ministerieller Sonderbeauftragter für Gesundheit. In der Sektion Sozialversicherung, die in der Form erhalten bleiben dürfte, ist die Leitung schon seit längerem vakant – bereits vor Amtsantritt Anschobers. Hier läuft gerade der Bewerbungsprozess.

Frauen in Führungspositionen

Nun gibt es Stimmen, die fürchten, dass in nächster Zeit einige Männer zum Zug kommen könnten. Der Frauenanteil in Führungsfunktionen ist im Gesundheits- und Sozialressort enorm hoch. In einer aktuellen Ausschreibung findet sich der sonst übliche Zusatz, dass bei gleicher Qualifikation die Frau zum Zug kommt, nicht. Das lässt bei manchen schon die Alarmglocken schrillen.

Insgesamt soll die Reform das Ministerium krisensicherer machen, es handelt sich aber auch um einen vor längerer Zeit gestarteten Prozess der Verzahnung des Gesundheits- und des Sozialressorts. Die beiden Ministerien sind erst 2018 unter Türkis-Blau wieder zusammengelegt worden. (Katharina Mittelstaedt, 29.7.2020)