Benny Tai will trotz seiner Entlassung für mehr Freiheit in Hongkong känpfen.

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In den vergangenen Wochen warteten viele in Hongkong erst einmal ab: Denn wie schlecht das Nationale Sicherheitsgesetz für die Stadt tatsächlich sei, müsse sich erst zeigen. Dass diese Einstellung naiv war, zeigt nun auch die Entlassung des Rechtsprofessors Benny Tai, die der Hochschulrat der Universität Hongkong am Dienstag bekanntgegeben hat. Er tat dies, obwohl der Senat der Universität kurz zuvor entschieden hatte, Tai könne nicht entlassen werden.

Der 56-Jährige war Peking schon seit längerem ein Dorn im Auge: Er ist einer der Organisatoren der Proteste 2014 und setzt sich seit Jahren für mehr Demokratie in der Sonderverwaltungszone ein. Die Regenschirmproteste legten die Stadt 2014 für einige Wochen lahm. Die Demonstrationen verliefen friedlich und ebneten den Weg für die Massenproteste 2019.

Im April des Vorjahres wurde Tai wegen "Anstiftung und Verschwörung zur Störung der öffentlichen Ordnung" zu 16 Monaten Haft verurteilt. Im August wurde er gegen Kaution freigelassen.

Praktizierender Christ

Tai ist in Hongkong geboren, er besuchte die Diocesan Boys’ School, ein Gymnasium, das christlich-liberale Werte vermittelt. Offenbar hinterließ dieses Eindruck: Tai ist praktizierender Christ und nannte sich selbst schon einmal "Teilzeittheologe". Zu seinen Vorbildern zählt er den amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King. Auch die Proteste seien, so Tai, vom christlichen Glauben inspiriert.

Tai studierte Rechtswissenschaften in Hongkong und machte einen Masterabschluss an der London School of Economics (LSE).

Der stets friedlich und besonnen wirkende Mann empfängt Medienvertreter meist in seinem Büro: einem kleinen, mit unzähligen Büchern und einer Gitarre vollgestellten Raum. Wenn es um Kritik an der Führung in Peking geht, nimmt er nie ein Blatt vor den Mund. Das Verbindungsbüro in Hongkong, Pekings wichtigste politische Vertretung in der Sonderverwaltungszone, ließ dagegen verlauten, Tai sei "böse". Er habe "gesellschaftliche Konflikte intensiviert" und "das politische Klima vergiftet".

Tai selbst sagt, seine Entlassung sei politisch motiviert und zeige, welchen Druck Peking mittlerweile auch auf den akademischen Betrieb ausübe. Der Vater dreier Kinder nennt es das "Ende der akademischen Freiheit in Hongkong", und kündigt an, er werde seinen Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fortsetzen. (Philipp Mattheis, 29.7.2020)