Wie in anderen europäischen Ländern versucht jetzt auch Österreich, mit einem "Ampelsystem" rechtzeitig vor einer Covid-19-Ausbreitung zu warnen, um Ad-hoc-Maßnahmen auch auf regionaler und lokaler Ebene umsetzen zu können. Die jeweiligen Farben sollen den Grad der Gefährdung signalisieren und dementsprechende Aktionen – etwa Rückkehr der Maskenpflicht – initiieren.

Österreich wählt ein vierfarbiges Instrument. Wie dieses Ampelkonstrukt in der Praxis funktionieren wird, ist allerdings noch weitgehend unklar. Viel mehr als die Ankündigung konnte Gesundheitsminister Rudolf Anschober bisher nicht anbieten.

Weder die Parameter, die als Grundlage für die Schaltung der Ampel dienen, noch die daraus abzuleitenden Maßnahme für die Regionen und Bezirke sind bisher klar definiert. Die Details würden erst erarbeitet, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Warum geht Anschober dann aber jetzt schon, ohne Details zu wissen, an die Öffentlichkeit?

Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärt die Corona-Ampel.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Der Gesundheitsminister musste kleinlaut zugeben, dass er beim jetzigen Stand der Dinge gar nicht wisse, auf welche Farbe "seine" Ampel im Fall des Corona-Hotspots St. Wolfgang geschaltet hätte. Derartig unvorbereitet eine Pressekonferenz zu einem so wichtigen Thema zu geben schafft noch mehr Verwirrung in der Bevölkerung, die ohnehin seit Wochen mit – je nach Bundesland – unterschiedlichen Vorschriften konfrontiert ist.

Tagesaktuelle Gefährdung

Die Ampel soll ja auf alle Bezirke "runtergebrochen werden", also auch auf die Wiener Bezirke. Was es bedeutet, wenn ein Bezirk grün und der angrenzende rot ist, müsse ebenfalls erst geklärt werden, sagte Anschober.

Um die Kriterien für diese Ampel zu kreieren, wird eine Kommission eingerichtet, ein Gremium, das aus Vertretern des Gesundheitsministeriums, des Bundeskanzleramtes, der Ages und aus je einem Vertreter der Bundesländer zusammengesetzt ist. Wer österreichische Kommissionen kennt, darf skeptisch sein, ob diese neue zu einem einheitlichen Handeln – und das bei Gefährdung ja tagesaktuell – in der Lage sein wird.

Es sind zudem noch die Länder als wesentlicher Machtfaktor mit an Bord. Die Ampel, die jetzt verkündet wurde, ist mit den Bundesländern noch gar nicht ausverhandelt. Schon im Vorfeld meldeten Landeshauptleute zum Teil Bedenken an. Landeschefs wie der Oberösterreicher Thomas Stelzer oder sein SPÖ-Kollege in Kärnten Peter Kaiser merkten an, eine derartige Ampel ergebe nur dann Sinn, wenn die Maßnahmen, die sich aus den jeweiligen Farben der Ampelstellung ergeben, auch verpflichtend sind. Von Minister Anschober kam dazu ein klares Nein, die Maßnahmen würden nur eine Empfehlung darstellen. Die wohl wahrscheinliche Konsequenz: Jeder macht weiterhin, was wer will.

Dass in diesen Verhandlungen um die Ampel auch der Gemeindebund, also die einzelnen Gemeinden, miteingebunden werden will, macht die Sache auch nicht leichter. Und noch ein heikler Aspekt: Auch die legistische Absicherung fehlt noch – eine Ebene, auf der sich das Ministerium und die Bundesregierung zuletzt ordentliche Fauxpas geleistet haben.

Ein Ampelsystem mag seinen Sinn zur Vorwarnung und Transparenz haben. Was Anschober jetzt vorschnell präsentiert hat, ist noch zu nebulos und schwammig und trägt nur zur weiteren Verunsicherung bei. (Walter Müller, 29.7.2020)