Im Winter gibt es deutlich mehr Notquartiersplätze als in den warmen Monaten. Coronabedingt wurde das Angebot verlängert.

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Bereits im Frühjahr verlängerte die Stadt Wien wegen der Coronavirus-Krise das sogenannte Winterpaket und stellte zudem auf Ganztagesbetrieb in den Notunterkünften um. Die Maßnahme soll im Normalfall dafür sorgen, dass auch in den kalten Monaten in der Bundeshauptstadt niemand ohne Obdach auf der Straße schlafen muss. 900 Notquartiersplätze wurden so zusätzlich zu den 600 Regelplätzen geschaffen, auch in Tageszentren wurde von 600 auf 745 aufgestockt.

Durch die Verlängerung wurde mehr Platz in den einzelnen Einrichtungen geschaffen – das sollte auch sicherstellen, dass die Abstände in den zum Teil engen Unterkünften besser eingehalten werden können. Eine Herausforderung, wie Sozialarbeiter berichten. Die Maximalkapazitäten in den einzelnen Zentren wurden zum Schutz von Klienten und Mitarbeitern reduziert.

Zudem gab es laut dem Fonds Soziales Wien (FSW) in den Einrichtungen die Möglichkeit zum Abholen von Post oder Dokumenten ohne längeren Aufenthalt.

350 Schlafplätze bleiben

Diese Verlängerung läuft mit 4. August aus. Der medizinische Krisenstab in der Bundeshauptstadt hat jedoch beschlossen, dass fünf Quartiere weiterhin außertourlich geöffnet bleiben sollen, bestätigt der FSW, allerdings nicht mehr im 24-Stunden-Betrieb. So sollten "für besonders vulnerable Personen", also chronisch oder psychisch Kranke, zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten aufrechterhalten bleiben. In den fünf Quartieren gibt es insgesamt 350 Schlafplätze für Männer, Frauen, Paare und Familien.

Die "Initiative Sommerpaket", ein Zusammenschluss von Sozialarbeitern an der Basis, fordert hingegen, alle Quartiere weiterhin geöffnet zu halten, um eine ausreichende Versorgung garantieren zu können. Die Ausbreitung des Coronavirus werde bei Menschen, die auf der Straße leben, nämlich erst spät bemerkt, warnt die Initiative. Das treffe die Betroffenen, die oftmals einer Hochrisikogruppe angehören, besonders hart. Zudem könne man schon die sozialen Folgen der Corona-Krise beobachten: Immer mehr Menschen würden hungrig in die Unterkünfte kommen, auch solche, die noch nie in einem Quartier geschlafen haben.

Kapazitäten auf Reserve

Hört man sich in der Szene um, wird diese Einschätzung auch von anderen Sozialarbeitern sowie Notquartiersleitern geteilt. Die Bearbeitung der Multiproblemlagen der Zielgruppe würde durch die Offenhaltung leichter gehen, da sie kontinuierlicher erfolgen würde, heißt es etwa. Zudem würden Nächtigungsmöglichkeiten zur Stabilisierung des Gesundheitszustands der Klienten führen – entsprechende Verschlechterungen seien in der Regel nach dem "Sommerloch" feststellbar, wenn der sozialarbeiterische Kontakt oft abgebrochen wurde.

Man beobachte die Lage laufend und sei gewohnt, rasch zu reagieren, heißt es seitens des FSW im Gespräch mit dem STANDARD. Man habe auch Reservekapazitäten, auf die man einem Stufenplan entsprechend zurückgreifen könne.

Derzeit verzeichne man einen "deutlichen Rückgang" der Auslastung um rund 75 Prozent, zudem würden Quartiere Instandsetzungsmaßnahmen benötigen. Eine Unterbringung von Coronavirus-Verdachtsfällen werde es zudem immer geben, heißt es.

Bisher weiß man von 16 (jemals) Infizierten. Und seit den Grenzöffnungen arbeite die Rückkehrberatung wieder verstärkt daran, Menschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft an Unterstützungsangebote in ihren Heimatländern zu vermitteln. (Vanessa Gaigg, 3.8.2020)