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Wladimir Putin und Wladimir Jakunin bei einer Ordensverleihung 2015. Mit ein Thinktank Jakunins soll Putins Regierung nichts zu tun haben – sagen beide.

Foto: Reuters / Itar-Tass

Bereits bei der Eröffnung des deutschen Büros der Russland-nahen Denkfabrik "Dialog der Zivilisationen" (DOC) war die Aufregung im politischen Berlin groß. Als der Ex-Chef der russischen Bahn, Wladimir Jakunin, vor vier Jahren mit dem Institut in die deutsche Hauptstadt kam, fürchteten viele einen Versuch des Kreml, größeren Einfluss zu nehmen.

Immerhin galt Jakunin als ein Vertrauter des Präsidenten Wladimir Putin. Die beiden sind Nachbarn in der Datschen-Kooperative Osero bei Sankt Petersburg, und beide sollen beim sowjetischen Geheimdienst KGB gewesen sein. Mit dem Aufstieg Putins an die Macht wurde auch die Karriere Jakunins befeuert. Er ist bekannt für seine homophoben Äußerungen. Jakunin sitzt noch immer im Aufsichtsrat des Instituts und wird von Kanada, Australien und den USA sanktioniert.

Hybride Kriegsführung

Die Denkfabrik wurde 2002 aus der Taufe gehoben und hatte lange ihren Sitz in Wien. Offiziell fokussiert sie sich auf Kultur, Wirtschaft und Geopolitik. Doch Experten – so etwa in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" – sehen in dem Institut ein "Instrument der hybriden Kriegsführung Moskaus". Bereits bei der Gründung in Berlin hieß es aber aus dem Thinktank, das man keine Verbindungen zur russischen Führung habe und auch keine Gelder von Regierungen annehme. Das Institut hat Büros in Deutschland, Österreich, Belgien, Indien und Russland.

In Moskau wird das DOC als Mittel der Soft Power verstanden, also als Instrument, um im Westen Verständnis für russische Positionen zu generieren. Dazu hat das DOC alljährlich auf der griechischen Insel Rhodos größere Konferenzen durchgeführt. Allerdings hat Jakunin nach seiner Demission als Eisenbahnchef in Russland deutlich an Einfluss verloren.

Gusenbauer und Klaus

Der ehemalige Europarats-Generalsekretär Walter Schwimmer (ÖVP) wird auf der DOC-Homepage als Mitbegründer gelistet. Zum Aufsichtsgremium des DOC gehören neben Schwimmer unter anderem auch der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und der ehemalige tschechische Präsident Václav Klaus. Jakunins Frau leitet die gleichnamige Stiftung zur Finanzierung des Instituts.

Nun legen Recherchen des deutschen Nachrichtenmagazins "Spiegel" offenbar Verbindungen des DOC zum österreichischen Verteidigungsministerium (BMLV) offen. Es geht um ein mehrtägiges Treffen im November 2017 auf Schloss Rothschild in der niederösterreichischen Gemeinde Reichenau. Dort fanden unter anderem Vorträge zum Thema "Zwischen Fakt und Fälschung – Informationen und Instabilität im Südkaukasus und darüber hinaus" statt. Daran wirkte auch das Verteidigungsministerium in Wien mit. Außerdem soll es laut "Spiegel"-Recherchen zu weiteren vier Treffen gekommen sein: im April 2018 in Minsk, im November 2018 in Reichenau, im April 2019 in Berlin und im vergangenen November wieder in Reichenau.

Keine Kooperation mehr geplant

Das Verteidigungsministerium reagierte auf eine Anfrage des "Spiegel" und sprach dabei von keiner Kooperation mit dem DOC: "Eine Kooperation existierte von 2017 bis 2019 zwischen dem DOC und einer Studiengruppe des Partnership for Peace Consortium (PfPC), an der auch das BMLV mitwirkt." In der angesprochenen Studiengruppe sitzt aber auch die Direktion für Sicherheit und die Landesverteidigungsakademie.

Auf der eigenen Homepage nennt das österreichische Bundesheer das Treffen im November 2019 aber selbst eine "Kooperation mit dem in Berlin ansässigen Dialogue of Civilizations Research Institute". Außerdem gibt das Ministerium zu, die Kosten der Treffen mitgetragen zu haben. Auch habe man gewusst, dass Mitbegründer Jakunin auf einigen Sanktionslisten stehe. Künftige Projekte oder Kooperationen soll es mit dem Thinktank aber laut Verteidigungsministerium nicht mehr geben. (bbl, ab, 30.7.2020)