Der Goldpreis ist auf einem Rekordhoch. Demnächst dürfte er erstmals auf über 2000 US-Dollar pro Unze ansteigen.

Foto: AFP/ ALAIN JOCARD
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Antonia Rauth: [00:00:03] Auf den Finanzmärkten gibt es so etwas wie eine Faustregel: Wenn die Wirtschaft in eine Krise schlittert, dann steigt der Goldpreis. Demnach schauen viele gerade ziemlich pessimistisch in die Zukunft. Der Goldpreis hat nämlich ein All-Time-High erreicht. Nächste Woche dürfte dieser erstmals auf über 2000 US-Dollar pro Unze steigen. Was es damit auf sich hat und ob wir gerade alle in Gold investieren sollten, das erklärt Bettina Pfluger vom STANDARD. Bettina, warum ist das eigentlich so, dass in Krisen traditionell der Goldpreis ansteigt?

Bettina Pfluger: [00:00:45] Na ja, immer wenn die Unsicherheit zunimmt, suchen die Leute einen sicheren Hafen. Gold ist so ein sicherer Hafen, weil das Edelmetall wertbeständig ist. Das haben viele Krisen im Laufe der Zeit schon gezeigt. Gold gilt auch als Schutz vor Inflation, und Gold wird immer nachgefragt. Daher kann man es immer wieder auch in Geld zurück tauschen. Im Idealfall erzielt man dabei auch einen Gewinn. Dass Gold eine Krisen-Währung ist, wird oft auch mit einem psychologischen Grund erklärt, nämlich dass es angreifbar ist. Kaufe ich mir eine Münze oder einen Goldbarren, kann ich den angreifen, Aktien oder andere Finanzprodukte hingegen nicht.

Antonia Rauth: [00:01:23] Man sagt ja auch oft, dass der Goldpreis sehr stabil sei und es deshalb eine gute Investition in der Krise ist. Wie stabil ist der Goldpreis denn wirklich?

Bettina Pfluger: [00:01:33] Naja, der Goldpreis ist so wie jeder andere Kurs ein Kurs, der auch schwankt. Der steigt und fällt. Von stabil kann man hier jetzt nicht reden. Wenn man Gold kauft, heißt das nicht, dass man es immer zu einem höheren Kurs verkaufen kann. Oft muss ich auch eine Schwächephase durchtauchen, um wieder mit einem Gewinn auszusteigen. Es ist nicht so, dass Gold nur eine Richtung, nämlich die nach oben kennt. Es kann auch nach unten gehen.

Antonia Rauth: [00:01:57] Kann eigentlich jeder sein Geld in Gold anlegen? Also könnte auch ich, wenn ich vielleicht nur 500 Euro auf einem Sparbuch habe, das in Gold investieren und anlegen?

Bettina Pfluger: [00:02:06] Ja, im Prinzip kann jeder sein Geld auch in Gold anlegen. Es gibt verschiedene Einheiten, in denen Gold gekauft werden kann von einer Feinunze, das sind 31,1 Gramm und auch die kleinste Einheit, bis hin zu einem Kilo oder mehreren Kilo Gold. Gold kauft man typischerweise in Münzen oder in Barren. In Österreich ist der Wiener Philharmoniker, den die Münze Österreich prägt, die gängigste Form, Gold zu kaufen. Die kleinste Münze, also eine Unze, kostet derzeit aber 1721 Euro. Mit 500 Euro am Sparbuch geht sich das jetzt nicht ganz so aus.

Antonia Rauth: [00:02:43] Nein, das wird dann doch knapp. Aber wenn man es sich leisten kann – ist es dann empfehlenswert, auch kleinere Beträge oder Ersparnisse in Gold anzulegen?

Bettina Pfluger: [00:02:52] Also wer sich unsicher fühlt und jetzt gerne in Gold veranlagen möchte, der kann das auch tun. Aber es gilt wie bei jeder Veranlagung die Faustregel, nicht alle Karten auf ein Pferd zu setzen. Es sollte also immer nur ein Teil des Geldes investiert werden, und zwar jener Teil, den man nicht unmittelbar für Anschaffungen braucht. Denn, dass der Goldpreis, wie schon gesagt, immer nur steigt, ist eben nicht gesagt. Der Kurs schwankt genauso wie andere Rohstoff-Kurse. Es ist also nicht gesagt, dass man immer auch gleich mit Gewinn verkaufen kann. Oft muss man auch mit Gold eine Schwächephase durchhalten, bis man dann wieder mit Gewinn am Markt verkaufen kann. [00:03:28][36.2]

Antonia Rauth: [00:03:29] Verkaufen ist ein gutes Stichwort. Wäre jetzt eigentlich ein guter Zeitpunkt, um vielleicht alten Goldschmuck zu verkaufen, wenn der Preis gerade so hoch ist wie noch nie?

Bettina Pfluger: [00:03:38] Also alten Goldschmuck zu verkaufen ist jetzt sicher auch eine gute Möglichkeit, um vom jetzigen Goldpreis zu profitieren. Man kann hier beim Juwelier seines Vertrauens den Schmuck mal schätzen lassen. Es lohnt sich aber auch, Gegenangebote etwa vom Dorotheum einzuholen. Wenn man sich bei einem Anbieter nicht sicher ist, kann man immer noch eine zweite Meinung einholen. Der Vorteil ist hier: Ich gehe mal hin zum Schätzen und kann es ja wieder mitnehmen. Es zwingt mich ja niemand, das Geschäft bei diesem einen Händler zu machen.

Antonia Rauth: [00:04:06] Noch einmal zurück zu den Finanzmärkten. Die jetztigen Goldpreise sind also wirklich ein Indiz dafür, dass es der Wirtschaft gerade ziemlich schlecht geht. Wie schlimm ist diese Krise denn tatsächlich? Kann man die mit der Finanzkrise 2008 vergleichen?

Bettina Pfluger: [00:04:19] Die Lage im Moment ist unübersichtlich und toxisch. Einerseits herrscht eine hohe Unsicherheit und Angst vor einer zweiten Welle der Corona-Pandemie. An vielen Orten werden die Maßnahmen jetzt wieder verschärft. Die Reisefreiheit wird wieder etwas eingeschränkt. Corona-Tests müssen nachgewiesen werden. Das verunsichert viele Menschen. Gleichzeitig hegen aber viele Menschen und natürlich Investoren die Hoffnung auf einen raschen Impfstoff. Die Sehnsucht nach unserer alten Realität ist sehr groß. Hinzu kommen die unfassbar vielen Milliarden als Hilfen, die verteilt werden. Die Verschuldung der Staaten steigt damit weltweit extrem. Diese Rechnungen werden irgendwann bezahlt werden müssen. Viele Leute haben jetzt ihren Job verloren in der Krise oder sind in Kurzarbeit. Die haben es auch oft schwerer, ihre offenen Kredite zu bedienen. Der Lockdown hat die Wirtschaftswelt extrem gebeutelt. Ganze Branchen, etwa das Städtetourismus, die Nachtgastronomie oder der ganze Event Bereich liegen immer noch darnieder. Experten gehen davon aus, dass ab Herbst die Insolvenzen zunehmen werden. Das bedeutet dann noch mehr Arbeitslose und noch mehr mögliche Kreditausfälle im privaten Bereich oder auch von Firmen. Das werden wiederum die Banken zu spüren bekommen. Und während die Finanzkrise sich fast ausschließlich im Finanzsektor bewegt hat, ist von der Corona-Pandemie die gesamte Wirtschaftswelt getroffen. Wegen der rapide gestiegenen Arbeitslosigkeit und den gravierenden Folgen für die Wirtschaft greift die Corona-Pandemie in den Alltag vieler Menschen weit intensiver ein als die Finanzkrise das je getan hat.

Antonia Rauth: [00:05:57] Das klingt ja schon sehr düster. Im Moment sieht es ja leider auch nicht so aus, als würde sich die Situation bald ändern. Stehen wir also womöglich erst am Anfang der Krise?

Bettina Pfluger: [00:06:06] Das ist schwer zu sagen. Ich würde sagen, wir sind mitten drinnen. Vieles wird davon abhängen, ob bald ein Weg gefunden wird, die Krankheit effizient zu behandeln oder eben auch einen Impfstoff gegen das Virus zu entwickeln. Wie rasch sich die Wirtschaft erholt oder wie drastisch sie noch abstürzt, hängt letztlich auch davon ab, wie viel Vertrauen die Leute haben in ihre Arbeitgeber, in die weitere Entwicklung, in das allgemeine Umfeld. Wenn die Konsumausgaben stocken, dauert die wirtschaftliche Erholung länger. Dass die Konsumausgaben stocken, ist aber wiederum mit dem Jobverlust oder der Kurzarbeit erklärbar. Dass viele Leute jetzt lieber sparen, ist verständlich.

Antonia Rauth: [00:06:44] Noch einmal zurück zum Goldpreis: wie verlässlich ist er denn als Krisen-Indikator wirklich? Kann es nicht auch sein, dass sich das gerade in eine Art Spirale entwickelt, die sich dann irgendwie selbständig macht und künstlich hoch schraubt?

Bettina Pfluger: [00:06:57] Naja, es gibt schon einige Rohstoffe, an denen man die Lage der Weltwirtschaft immer gut nachvollziehen kann. Vor einigen Jahren, als es in China einen Bauboom gegeben hat, war Kupfer ein weltweit sehr knappes Gut. Der Preis entsprechend hoch. Als Mitte April der Preis für die US-Rohöl-Sorte WTI erstmals in der Geschichte ins Minus gerutscht ist, hat uns das auch gezeigt, wie sehr die Weltwirtschaft gerade lahm liegt. Und der hohe und steigende Goldpreis sagt uns jetzt, dass die Unsicherheit sehr groß ist.

Antonia Rauth: [00:07:28] Wie schätzt du denn, dass sich das jetzt in den nächsten Wochen weiterentwickelt? Nächste Woche steigt der Goldpreis vermutlich erstmals auf über 2000 Dollar pro Unze. Gehst du davon aus, dass er danach noch weiter steigt oder dass er bald wieder einbricht?

Bettina Pfluger: [00:07:45] Das lässt sich schwer einschätzen. Es gibt Analysten, die sehen den Goldpreis bei weitem über 2000 US Dollar. Es gibt ganz unterschiedliche Kursziele, die jetzt genannt werden. Ich glaube, die Einschätzung am Markt geht schon dahin, dass das Gold jetzt vorübergehend einfach mal weiter steigen wird, weil es eben ein Indikator der Unsicherheit ist. Und wie viele Unsicherheitsfaktoren es gibt, haben wir gerade auch besprochen. [00:08:08][23.4]

Antonia Rauth: [00:08:09] Es wird auf jeden Fall spannend, wie sich die Weltwirtschaftssituation jetzt weiterentwickelt. Danke Bettina Pfluger für diese Einschätzung.

[468.7]