Multitasking in Corona-Zeiten: Was während der Videokonferenz alles geht.

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Wir sind in der nächsten Phase der Videokonferenzen angelangt. Die Anbieter verbessern die Darstellung, simulieren Konferenzräume statt Kachelfenster, verteilen die Teilnehmenden virtuell auf Plätze, damit die Leitung eher das Gefühl des Auditoriums hat.

Das würde alles nicht geschehen, wäre nicht sicher, dass Homeoffice und Zusammenarbeit auf Distanz bleiben werden – zumindest in einer Mischform, mit ein paar Bürotagen (im verkleinerten Büro). Google gibt den Trend stark vor und verkündet, dass die Belegschaften bis Juli nächsten Jahres im Homeoffice bleiben werden. Facebook will sogar das Entlohnungssystem remote umbauen – wer im teuren Valley wohnt, kriegt mehr, wer außerhalb lebt und daher weniger Kaufkraft benötigt, wird niedriger bezahlt.

Das wird noch Diskussionen auslösen und ist aktuell eigentlich ein Anlass, sich über die fast vollständige Durchdringung der heimischen Wirtschaft mit Kollektivverträgen zu freuen, bei allen drängenden Fragen und großen Mängeln, etwa dem Wert der Arbeit oder dem noch immer fehlenden Einkommenstransparenzgesetz, um der Ungleichbezahlung von Frauen und Männern klar ein Ende zu bereiten. Eigentlich hätten Sozialpartner, Betriebsräte und Politikerinnen, die für sich in Anspruch nehmen, die Arbeitenden vertreten, da jetzt einen großen Auftritt. Selbsttätig wird Platz für Menschen in der nunmehr angebrochenen neuen Arbeitswelt jedenfalls nicht geschaffen werden. Die Symptome, die mit der neuen Ordnung einhergehen, haben sogar schon Namen, etwa die Zoom-Fatigue, also die Erschöpfung nach stundenlangen täglichen Videokonferenzen.

Damit zurück zum Videomeeting in der gegenwärtigen Phase. Wir sind trickreich geworden und wehren uns gegen die Verlagerung ewiger Meetings ins Virtuelle. Bei den Teilnehmenden ist die große Euphorie über nunmehr erzwungenen internationalen, stundenlangen Austausch unter Einsparung von Bürofläche und Reisekosten vorbei. Alle erzählen mittlerweile ihre Strategien, den anstrengenden, manchmal sogar quälenden Bildschirmbesprechungen zu entkommen: Kamera ausschalten, wenn es geht, und nur den Ton anlassen. Daneben "etwas Sinnvolles" tun – es wird gekocht, geputzt, am Musikinstrument geübt oder parallel telefoniert, was gelegentlich zu abruptem Auflegen führt, das Handy steckt irgendwo, weil gerade der Hund Gassi geführt wird und hoffentlich nicht bellt. Ein Freund berichtet sogar von einer Literaturliste, die er abarbeitet, während der CIO aus Übersee vorträgt. (Karin Bauer, 2.8.2020)