Floridsdorf, Leopoldau, Kagran, Stadlau, Aspern, Strebersdorf, Breitenlee: Auch für Nichtwiener stehen die Namen für etwas vom Urwienerischen.

Dabei gehören diese Orte erst seit rund 115 Jahren zur Stadt. Am 4. November 1904 wurden sie, zusammen mit einigen anderen, als 21. Bezirk eingemeindet. Dieser bildet mit dem 22. Bezirk, der 1938 als Groß-Enzersdorf folgte und 1954 in Donaustadt umbenannt wurde, Transdanubien, das "Wien drüben".

Aber auch wenn das unter der NS-Herrschaft geschaffene Groß-Wien nach Kriegsende neu strukturiert und ein Großteil der damals eingemeindeten niederösterreichischen Orte in ihr altes Bundesland zurückkehrte – das Faktum war unumkehrbar: Die Stadt hatte sich am linken Donauufer festgesetzt. Und in diesem nach und nach urbanisierten Land wurde auch Wiener Geschichte geschrieben.

Im fünften Band seiner Serie Es geschah in ... schildert Thomas Hofmann, Leiter von Bibliothek, Verlag und Archiv der Geologischen Bundesanstalt in Wien, die Entwicklung Transdanubiens, historische Ereignisse und Alltagsleben anhand von alten Zeitungsberichten und Fotos. Liebevoll gestaltet, sorgfältig redigiert und im Kontext kommentiert, entsteht das lebendige Bild eines Lebensraumes, der auch das Selbstverständnis der Wiener auf der anderen Seite der Donau beeinflusst hat. Das "Wien drüben" ist nicht weniger tiefes Wien.

Thomas Hofmann, "Es geschah in Transdanubien". € 21,90/ 124 Seiten. Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach 2020
Foto: Verlag

Geschichte und Badefreuden

Europäische Geschichte wurde im späteren Transdanubien schon 100 Jahre davor geschrieben: Am 21. und 22. Mai 1809 schlug Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern den "unbesiegbaren" Napoleon.

Zum Hundert-Jahr-Jubiläum legte Kaiser Franz Joseph am Denkmal des "Löwen von Aspern" einen Kranz nieder. Des Monarchen Wunsch, der Allmächtige möge "auch fürderhin mit seinem Segen uns geleiten in friedlichen und ernsten Zeiten", sollte sich nicht erfüllen. Auch spätere düstere Zeiten für Wien manifestierten sich in Transdanubien: blutige Kämpfe während des Bürgerkriegs im Februar 1934 um den Schlingerhof an der Brünner Straße, ein Bollwerk der Sozialdemokraten.

Oder die Hinrichtung der Wehrmachtsoffiziere Karl Biedermann, Alfred Huth und Rudolf Raschke als Widerstandskämpfer am 8. April 1945, einen Monat vor Kriegsende, am Floridsdorfer Spitz. Der sadistische Henker Franz Kleedorfer wurde im Dezember 1948 zu zwölf Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Für die heitere Seite der Geschichte steht die Umwandlung des Gänsehäufels von einem getrennten Bad für Frauen, Männer und Familien in ein einheitliches Familienbad. Sie ersparte es den Männern, "durch Ritzen und Astlöcher auch ein wenig von den Freuden des Paradieses als Zaungäste mitgenießen zu können", schrieb die Kleine Volks-Zeitung am 13. Mai 1943, mitten im Krieg. (Josef Kirchengast, 1.8.2020)