Foto: Screenshot Krone.at

Krone.at hat nach Ansicht des Presserats mit einem Artikel über häusliche Gewalt gegen Karin Kneissl den Persönlichkeitschutz und die Intimsphäre der Ex-Außenministerin verletzt, die der Ehrenkodex der Presse verlangt. Das Medienunternehmen beteiligte sich nicht an dem Verfahren vor dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse.

Nach Ansicht des Senats ist die Schilderung der gegen Kneissl gerichteten und von ihr bei der Polizei angezeigten Gewalttaten aus medienethischer Sicht bedenklich. Die Vorfälle würden nämlich die besonders geschützte häusliche Sphäre betreffen. Es gehe um den heiklen Vorwurf, dass der Ehepartner die körperliche Integrität der Betroffenen verletzt habe.

Zurückhaltung geboten

Schwierigkeiten und Gewalt in der Ehe seien eindeutig dem privaten Bereich (Ehe- und Familienleben) zuzurechnen. Zurückhaltung erscheint vor allem dann geboten, wenn – wie im vorliegenden Artikel – über einen einzelnen Fall berichtet werden soll, erklärt der Presserat.

Das Medium habe hier die Identität der Betroffenen nicht preisgeben dürfen: Die Anonymitätsinteressen von Opfern von Gewalt genießen spezifischen Schutz (siehe Punkt 5.4 des Ehrenkodex). Darüber hinaus kritisiert der Senat auch die Detailliertheit, in der die innerfamiliären Gewalttätigkeiten im Artikel geschildert werden. Vor diesem Hintergrund vertritt der Senat die Auffassung, dass der Artikel in erster Linie der Befriedigung von Sensationsinteressen gewisser Leserinnen und Leser dient.

Nach Meinung des Senats spielt es keine Rolle, dass die Betroffene ihre Hochzeit groß feierte und auch Medienberichterstattung darüber zuließ. Dieser Umstand erlaube es den Medien nicht, über Misshandlungsvorwürfe innerhalb der Partnerschaft zu berichten. Der Senat erkennt in der Berichterstattung sowohl eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes als auch der Intimsphäre. Die Medieninhaberin von krone.at wurde aufgefordert, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten. (red, 31.7.2020)