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Auch bei seiner Rückkehr im Dress von Lok Moskau wurde Benedikt Höwedes von den Schalke-Fans gefeiert.

Foto: REUTERS/Thilo Schmuelgen

Gelsenkirchen – Kein neues Date mit der alten Liebe, dafür mehr Zeit für die junge Familie: Der deutsche Ex-Weltmeister Benedikt Höwedes kehrt nicht in die Bundesliga zu Schalke 04 zurück, sondern verabschiedet sich aus dem Profifußball – mit kritischen Worten für seinen Ex-Klub und die Branche.

"Der Fußball hat sich brutal entwickelt. Und sich dabei immer weiter distanziert von den normalen Fans", sagte der 32-Jährige dem Spiegel: "Da geht etwas verloren. Schalke 04 ist für viele Menschen immer noch ein Lebensinhalt, einen solchen Verein muss man anders führen als einen Retortenklub."

Groll gegen Schalke

Noch immer schmerzt den langjährigen Kapitän, wie er 2017 nach 16 Jahren bei den Königsblauen ausgebootet wurde. "Ich wusste, dass es in dem Geschäft knallhart zugeht. Aber ich hatte immer nur die Sonnenseite kennengelernt. Dann habe ich die volle Breitseite bekommen", sagte Höwedes über seinen Abschied von Schalke, den der damalige Trainer Domenico Tedesco mit seiner Absetzung als Kapitän eingeleitet hatte.

Er habe "Schalke verkörpert", sich "immer" für den Klub "aufgezehrt". "Ich wollte meine Karriere dort beenden, habe den Fans einmal versprochen, nie für einen anderen Bundesligisten aufzulaufen". Sein größter Erfolg war der DFB-Pokalsieg 2011.

Ende statt Rückkehr

Höwedes flüchtete zu Juventus Turin, wechselte ein Jahr später zu Lokomotive Moskau. Nachdem er im Juni seinen Vertrag dort aufgelöst hatte, wurde über eine Rückkehr nach Gelsenkirchen spekuliert. "Daran habe ich immer wieder gedacht", berichtete er: "Ich hatte auch einige Anfragen von Vereinen aus dem In- und Ausland, aber ich wollte mich nicht mehr abhängig machen von den Entscheidungen anderer. Ich wollte jetzt einen Schlussstrich ziehen."

Im Mittelpunkt soll nun seine Familie mit dem einjährigen Sohn Bas Antonius stehen. Das sei ihm im Urlaub kürzlich klar geworden. "Da habe ich gemerkt, wie krass es mich erfüllt hat, meinen Sohn hautnah zu erleben. Da wurde Fußball plötzlich so unwichtig für mich".

Weltmeister

Höwedes, der in Brasilien als einziger Feldspieler jede Minute auf dem Platz stand, ist der siebente Weltmeister von 2014, der seine Karriere beendet hat. Vor zwei Wochen hatte sich überraschend der Dortmunder Andre Schürrle verabschiedet. Zuvor waren bereits Philipp Lahm, Per Mertesacker, Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose und Roman Weidenfeller zurückgetreten.

Die Spiele beim WM-Triumph hat sich der 44-malige Nationalspieler "nachher nie wieder angesehen, das gucke ich mir irgendwann zusammen mit meinen Kindern an". In Erinnerung ist ihm vor allem geblieben, wie er nach dem Siegtor von Mario Götze im Finale "geheult" habe. "Mir liefen schon die Tränen auf meinem Weg zur Jubeltraube, und beim Zurückgehen liefen sie immer noch."

Fußball will Höwedes künftig nur noch bei seinem Heimatverein TuS Haltern "ein bisschen mitspielen". Für eine zweite Karriere will er sich für das Masterstudium für Sportmanagement der UEFA bewerben, das besonders für ehemalige Nationalspieler ausgelegt ist. "Ich will dem Sport treu bleiben, mich für Werte einsetzen", sagte er: "Ich möchte gern etwas davon einbringen, wie ich den Sport sehe." (sid, red, 31.7.2020)