Im Wiener Rathaus herrscht dicke Luft. SPÖ und Grüne mögen einander nicht mehr so sehr, und das hat aktuell mit den Citybikes zu tun.

Die Grünen ärgern sich, weil sie nach eigenen Angaben die Idee hatten, die finanziell marode Leihrad-Initiative den Wiener Linien zu übergeben. Dann habe man wochenlang nichts aus dem Bürgermeisterbüro gehört – und gestern rückte Stadtchef Michael Ludwig persönlich aus, um eben diese Lösung zu verkünden. Ein Schelm, wer nun denkt, das sei ein akkurat platziertes Revanche-Foul für den Fahrverbotscoup der Grünen mit der ÖVP für die Wiener City.

Wenn dies nun das Wahlkampfpräludium für den Urnengang im Oktober sein soll: Geht’s noch ein bisserl kindischer?

Wiener Linien übernehmen Citybikes ab Herbst.
Foto: Standard/Gedlicka

Natürlich sollen wahlwerbende Parteien darstellen, wofür sie inhaltlich stehen und was sie von anderen unterscheidet. Das ist die Essenz von Demokratie, das Werben um Zustimmung zum eigenen politischen Weg. Das gilt auch für bisherige Koalitionspartner. Wenn man einander dabei vor allem schlecht aussehen lässt, wirft das freilich kein gutes Licht auf alle Beteiligten. Im konkreten Fall von SPÖ und Grünen in Wien ist derartiges Geplänkel erst recht nicht zielführend. Man fischt hier in der gleichen Wählergruppe nach Stimmen. FPÖ- und ÖVP-affine Wiener wird man mit Citybikes oder auch nur jeglicher Art von Autoverkehrsbeschränkungen ohnehin nicht erreichen. Die ganze Mühe, einander möglichst schlecht aussehen zu lassen, bringt also nicht einmal viel.

Klüger wäre, über Inhalte zu diskutieren, die eine breitere Wählerschicht interessieren. Das können und sollen auch grundsätzliche Fragen der Verkehrs- und Umweltpolitik sein. Wie das Leben in der Stadt auch in Zukunft lebenswert bleibt, ist eine wichtige Frage, die alle Städter angeht.

Noch aktueller, und für viele Wählerinnen und Wähler brisanter, ist die Frage, wie die Wiener Politik die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bewältigen will. Welche der Ad-hoc-Hilfsprogramme werden fortgeführt, wie will man die Arbeitsplätze in der Stadt erhalten, in welche Zukunftsbranchen verstärkt investieren – und was tut man für Kultur und Kreativwirtschaft?

Auf diesem sachlichen Niveau die Klingen zu kreuzen – das wäre für die Wienerinnen und Wiener informativer als kleinliche peinliche Eifersüchteleien. (Petra Stuiber, 31.7.2020)