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Aktivisten der Hongkonger Demokratiebewegung haben die EU in der Vergangenheit immer wieder dazu aufgerufen sich solidarisch zu erklären.

Foto: Reuters / JOHN SIBLEY

Hongkong/Berlin – China hat die Aussetzung des Auslieferungsabkommens mit Hongkong durch Deutschland scharf kritisiert. In einer Stellungnahme, die die chinesische Botschaft am Samstag in Berlin verbreitete, werden Deutschland ein "ernster Verstoß gegen internationales Recht" und eine schwere Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen.

"Irrige Äußerungen" von Maas

"Wir lehnen das entschieden ab und behalten uns das Recht zu weiteren Reaktionen vor." In der Stellungnahme wurden auch Verärgerung über und Ablehnung der "irrigen Äußerungen" von Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) zum Ausdruck gebracht. Maas hatte am Freitagabend die Aussetzung des Auslieferungsabkommens verkündet. Er hatte betont, dass Deutschland wiederholt die Erwartung geäußert habe, "dass China seine völkerrechtlichen Verpflichtungen einhält". Hierzu gehöre gerade auch das Recht auf freie und faire Wahlen in Hongkong.

In der Stellungnahme der Botschaft wurde die Verschiebung der Wahl um ein Jahr wegen der Corona-Pandemie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion als "vernünftig" verteidigt. Es geschehe, um das Leben und die Gesundheit der Menschen in Hongkong zu schützen. Die demokratische Opposition sah hingegen nur einen Vorwand, um eine Blamage des regierungstreuen Lagers zu verhindern.

Neben Deutschland haben auch Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland ihre Auslieferungsabkommen mit China ausgesetzt. Außerdem haben die EU-Staaten vergangenen Dienstag ein Maßnahmenpaket als Reaktion auf das umstrittene chinesische Sicherheitsgesetz beschlossen. Es richtet sich in Hongkong gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Auch soll es "heimliche Absprachen" mit Kräften im Ausland bestrafen. Die EU will nun Exporte reduzieren, die zur Niederschlagung von Protesten oder zur Überwachung von Kommunikation genutzt werden können. Zudem sollen bis auf Weiteres keine neuen Verhandlungen mehr mit Hongkong aufgenommen werden und Unterstützung für die Zivilgesellschaft in der Millionen-Metropole geprüft werden.

Haftbefehle gegen sechs Demokratie-Aktivisten

Nachdem das Sicherheitsgesetz Ende Juni verabschiedet wurde, soll es nun offenbar auch schon zum ersten Mal eingesetzt werden. Das chinesische Staatsfernsehen hatte am Freitagabend berichtet, dass die Hongkonger Polizei wegen mutmaßlichen Verstößen gegen das neue Gesetz die Festnahme von sechs im Exil lebenden Demokratie-Aktivisten angeordnet hat. Sie würden wegen "Anstiftung zur Sezession und Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften" gesucht, heißt es von den Behörden.

Angesichts der Haftbefehle hat ein in den USA lebender Dissident davor gewarnt, dass niemand vor dem neuen Sicherheitsgesetz der chinesischen Regierung sicher sei. Er habe erfahren, dass er selbst wegen "Anstiftung zur Sezession und Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften" gesucht werde, erklärte Samuel Chu am Freitag (Ortszeit) in Washington.

Er leitet den "Demokratie-Rat für Hongkong" in Washington und hat inzwischen die US-Staatsbürgerschaft."Ich mag der erste nicht-chinesische Staatsbürger sein, der ins Visier genommen wurde, aber ich werde nicht der letzte sein", schrieb Chu im Online-Netzwerk Twitter.

Neben Chu wird auch nach dem bekannten Aktivisten Nathan Law gefahndet, der erst vor kurzem nach Großbritannien geflohen war. (APA, red, 1.8.2020)