John Bolton sieht gute Chancen auf eine Wiederwahl von Donald Trump, für den er als Sicherheitsberater arbeitete. Sollte es zu dieser tatsächlich kommen, hält er es für möglich, dass die USA aus der NATO aussteigen.

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Der frühere Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, hält bei einer Wiederwahl Trumps einen Nato-Austritt der USA für möglich. "Einen Rückzug aus der Nato fänden nur eine Handvoll Republikaner gut. Aber falls er die Wiederwahl schafft, dann könnten diese Schranken wegfallen", sagte Bolton dem deutschen "Handelsblatt". "Wer weiß, was er in einer zweiten Amtszeit alles tun würde?"

Rat an Europäer

Bolton riet den Europäern, bei einem Sieg Trumps am 3. November den Großteil ihrer Diplomatie über den US-Kongress laufen zu lassen. "Repräsentantenhaus und Senat können sich gegen den Präsidenten stellen", sagte er. "Sollte es zu einem Rückzug aus der Nato kommen oder zu einem weiteren deutlichen Truppenabzug aus Europa, könnte es sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern zu starkem Widerstand kommen. Daher sind die Europäer besser beraten, sich an den Kongress zu wenden."

In den Umfragen liegt Trump derzeit klar hinter seinem demokratischen Konkurrenten Joe Biden. Doch das sagt für Bolton gar nichts. "Man sollte nie die Fähigkeit der Demokratischen Partei unterschätzen, eine Wahl in den Sand zu setzen", sagte er. Biden müsse in drei TV-Debatten gegen Trump bestehen, und es seien noch knapp 100 Tage bis zur Wahl. "In der amerikanischen Politik ist das eine Ewigkeit."

"Biden sitzt im Keller"

Einen Sieg Bidens verbindet Bolton – ein strammer Konservativer, der von April 2018 bis September 2019 als Nationaler Sicherheitsberater Trump beriet und dann wie zahlreiche Mitarbeiter Trumps in Unfrieden aus dem Amt schied – auch nicht mit großer Hoffnung. "Ich werde am Tag nach der Wahl sehr unglücklich sein, egal wer gewinnt", sagte er. Biden sitze in der Corona-Krise "im Keller seines Hauses und kommt da nicht sehr häufig raus. Wenn er gewinnt und nicht genau weiß, was er tun soll, dann ersetzen wir nur ein Problem durch ein neues."

Auf die Frage, ob die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nun die "letzte Anführerin der freien Welt" sei, sagte Bolton: "Die einzigen Anführer der freien Welt sind die USA. Und wenn der US-Präsident dazu nicht in der Lage ist, ist die westliche Welt in Gefahr, weil niemand an diese Stelle rücken kann." Merkel sei "eine sehr mächtige Persönlichkeit innerhalb der EU". Man müsse sich aber fragen, wie lange die Stärke Deutschlands nach ihrem Abgang andauern werde. "Vielleicht wird sie ja länger im Amt bleiben als gedacht." (APA, 3.8.2020)