Viren verbreiten sich über Flugrouten – diese Infektionswege spielen eine weit größere Rolle als Grenzüberschreitungen auf dem Landweg.

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Mit der Wiederaufnahme der Reisetätigkeit steigen die Corona-Infektionen in vielen Ländern wieder an. Eine Studie des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) untersucht diesbezüglich parallele Entwicklungen in unterschiedlichen Staaten.

Die Forscher wollen herausfinden, welchen konkreten Effekte Einreiseverbote für Menschen aus Staaten haben, in denen die Infektionszahlen besonders hoch sind. Denn eines der Hauptprobleme sei die Tatsache, dass die Messung der Infektionsraten immer nur auf nationaler Ebene passiere.

Die Studie setzt breiter an. Zum einen werden die Infektionszahlen mit anderen Daten einer Region in Verbindung gesetzt, etwa dem Handelsvolumen. So wollen die Forscher die Frage klären, welche vom Staat verordneten Maßnahmen die regionale Ausbreitung zwischen Staaten eindämmen konnten und welche Wege die Hauptquellen von Infektion über Grenzen hinweg waren.

Grenzen schließen?

"Im Jänner dieses Jahres wurde das Virus oft als chinesisches, später dann als italienisches Problem betrachtet, doch durch die schnelle Verbreitung von Covid-19 erkannten bald alle westlichen Staaten die Infektionsgefahr und reagierten mit einem Bündel von Maßnahmen zur Eindämmung", resümiert Tamás Krisztin vom IISA. Deshalb sei es wichtig, die tägliche Corona-Statistik mehrerer Länder gleichzeitig zu betrachten und miteinander zu vergleichen. Nur so könne eruiert werden, ob Maßnahmen wie Grenzschließungen oder das Einstellen von Flugreisen überhaupt etwas bringen. Gleichzeitig müsse aber auch simuliert werden, was ohne diese Maßnahmen passieren würde.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Infektionsgeschehen durch den internationalen Flugverkehr eine sehr wichtige Rolle bei der Ausbreitung des Virus gespielt hat. Insofern waren Maßnahmen wie Grenzschließungen oder das Einstellen des Flugverkehrs tatsächlich effizient. Wäre dies nicht passiert, wäre die Situation in sehr vielen Ländern heute weitaus schwieriger, so die Forscher. Es scheint, als ob diesbezügliche politische Maßnahmen tatsächlich gerechtfertigt waren.

Ebenfalls als bemerkenswert betrachten die Wissenschafter die Tatsache, dass der Flugverkehr eine weit größere Rolle zu spielen scheint als der Grenzverkehr auf dem Landweg. Österreich sei ein gutes Beispiel, um dies zu zeigen. So war das Land zu Beginn der Pandemie wesentlich stärker betroffen als seine Nachbarländer im Osten, obwohl es hier gemeinsame Grenzen gibt.

Effektiv in der Pandemie

"Die Leute haben immer weniger Verständnis für Reisebeschränkungen, sie fürchten zudem auch die finanziellen Einbußen durch die Lockdown-Maßnahmen", beobachtet Krisztin. Deshalb sei besondere Vorsicht der verantwortlichen Politiker angebracht. Das Forscherteam empfiehlt daher eine sorgfältige Risikoabwägung hinsichtlich der Flugdestinationen.

Zudem sollte der Gesamtumfang der Flüge regelmäßig evaluiert und angepasst werden. Denn das Virus verbreite sich über die Fluglinien wesentlich effizienter als über die faktischen geografischen Grenzen und Menschen, die dort ein- und ausreisen. Das Fazit der Wissenschafter: Reiseverbote oder -beschränkungen im Flugverkehr sind eine von vielen wirkungsvolle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. (red, 5.8.2020)