Den Extraweg zum Bäcker wollten viele Kunden während des Lockdowns nicht wagen. Die Branche bekam das bitter zu spüren.

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Wer je in Graz gelebt hat, weiß, dass auf den Satz "Ich war beim Auer" in der Regel nur eine Reaktion folgen kann: "Beim Hubert oder beim Martin?" Gemeint sind damit die beiden Traditionsbäckereien in der steirischen Hauptstadt, die – mittlerweile – nichts mehr miteinander zu tun haben. Während in den Filialen von Martin Auer, die eher an ein Boutiquehotel als eine urige Bäckerei erinnern, auch Wasabi und rote Rüben serviert werden, setzte man bei Hubert Auer bis zuletzt auf traditionelles Gebäck ohne viel Tamtam. Nun ist letzteres Unternehmen pleite, die Bäckerei Hubert Auer hat am Montag Insolvenz angemeldet.

Als Ursachen wurden laut Alpenländischem Kreditorenverband (AKV) der "plötzliche Verlust faktisch einer gesamten Tagesschicht" sowie die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie genannt. Von April bis Juni sei der Umsatz um mehr als 50 Prozent eingebrochen, heißt es bei dem AKV. Offenbar gab es aber auch schon vor Corona Probleme im Betrieb: Laut den Kreditschützern sind sieben Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht anhängig. Die "Krone" berichtete zudem im Vorjahr von kurzfristigen Schließungen nach Kontrollen der Lebensmittelbehörde. Der Geschäftsführer – ein ehemaliger Chef der Anker-Bäckerei – war für den STANDARD am Montag nicht erreichbar.

Einige Standorte geschlossen

Laut den Kreditschützern wird ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung angestrebt, Aktiva von rund 680.000 Euro stehen Passiva in der Höhe von knapp vier Millionen Euro gegenüber, 77 Mitarbeiter sind betroffen. Bisher wurden bereits einige der 24 Standorte geschlossen, heißt es beim AKV. Offenbar sollen die 16 ertragsstärksten Filialen jedoch weitergeführt werden.

Die Bäckerei Hubert Auer ist in die Insolvenz geschlittert.
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Mit dem einstigen Gründer Hubert Auer, der zuletzt mit der Sperrung der Burgruine Gösting in den Medien landete, hat der Bäckereibetrieb nichts mehr zu tun. Schon vor Jahren wurde das Unternehmen an Investoren verkauft. Martin Auer wird hingegen in dritter Generation als Familienbetrieb geführt.

Die zwei Unternehmen entstammen zwar der gleichen Familie, seien aber komplett unabhängig voneinander, so Martin Auer, dessen Vater der Cousin von Hubert Auer ist. Von einer einstigen Fehde zwischen den beiden will der heutige Geschäftsführer nichts wissen. Die Bäcker seien Mitbewerber gewesen, sonst war das Einvernehmen gut. Dass sein Konkurrent in eine Schieflage geraten ist, wundert Martin Auer nicht, der Betrieb sei nur mehr mit wenig Liebe geführt worden.

"Mit einem blauen Auge" davongekommen

Martin Auer selbst ist nach eigenen Angaben bisher "mit einem blauen Auge" durch die Corona-Krise gekommen. Im März und April sei der Umsatz in seinen 33 Filialen um rund 80 Prozent eingebrochen. "Menschen sind nur noch in den Supermarkt gegangen", sagt der Bäcker. Mittlerweile habe sich das Unternehmen mit rund 400 Angestellten wieder einigermaßen erholt. Derzeit seien weniger Kunden auf Urlaub, das Sommergeschäft in einem Bereich "wo wir uns wohlfühlen". Ganz aufatmen will Martin Auer allerdings noch nicht.

Damit geht es ihm ähnlich wie zahlreichen anderen Bäckereibetrieben in ganz Österreich. Die Corona-Krise habe die Branche schwer getroffen, sagt Anka Lorencz, Geschäftsführerin der Innung des Lebensmittelgewerbes. "Vor allem die Kleinen stehen mit dem Rücken zur Wand." Nicht nur der Rückgang der Kundschaft habe Bäckereien stark zugesetzt, sondern auch der Wegfall des eigenen Café-Geschäfts sowie fehlende Bestellungen aus Hotellerie und Gastronomie. Einen zweiten Lockdown würde viele Betriebe nicht überleben, fürchtet Lorencz. "Das Bäckersterben wird durch die Corona-Krise nicht weniger." (Nora Laufer, 4.8.2020)