Der Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Peter Doskozil, hat nach dem Debakel der Commerzialbank Mattersbank viel Erklärungsbedarf. Die Opposition schießt sich auf die SPÖ ein.

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An Rätselhaftem mangelt es in der Causa Commerzialbank Mattersburg wahrlich nicht. Geschäfte im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro wurde dort offenbar schon über sehr lange Zeit erfunden, unter der Ägide von Bankchef Martin Pucher, der seine Kollegin K. mit den entsprechenden Aufgaben betraut hatte. Er selbst, der sich mit dem Computer nicht so gut auskannte, sei für die Barabhebungen verantwortlich gewesen, erschließt sich aus den Ermittlungen. Aufgefallen ist das alles nicht, bis zur jüngsten Vor-Ort-Prüfung der Aufsicht, die die Bank am 14. Juli knapp vor Mitternacht zudrehte.

Genau zu dieser Zeit spielt ein Rätsel, das derzeit offenbar nicht zu klären ist. Ein paar Stunden vor dem behördlichen Licht-Aus habe die Regionalmanagement Burgenland (RMB, eine Landesgesellschaft, die auch für Förderungen zuständig ist) 1,2 Millionen Euro von ihrem Konto in Sicherheit gebracht, offenbar nach einer Warnung, berichtete der Kurier am Sonntagabend. In Summe seien rund 2,5 Millionen auf dem Konto gelegen. Die Opposition bringt Ex-Wirtschaftslandesrat Christian Illedits (SPÖ, er trat am Samstag zurück) damit in Zusammenhang. Allerdings: Die RMB weist das strikt zurück, sie habe nichts überwiesen oder abgehoben und der Kontostand betrage nach wie vor rund 1,3 Millionen Euro. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte Klagen an.

Doskozil räumt Transferversuch ein

Das besonders Rätselhafte daran: In den laufenden Ermittlungen soll sich die Sache tatsächlich anders darstellen. Demnach habe Einsicht in Buchungsunterlagen des Instituts ergeben, dass die RMB rund 2,5 Millionen Euro auf ihrem Commerzialbank-Konto liegen habe und via Telebanking am Abend des 14. Juli eine Überweisung von 1,3 Millionen Euro auf ein RMB-Konto bei einer anderen Bank veranlasst habe.

Die Frage, die man sich nun angesichts der dezidierten Dementi vonseiten des Landes stellt: Könnte es sein, dass auch da gefälschte Buchungen im Spiel sind? Antworten werden wohl erst die weiteren Ermittlungen bringen. Beschuldigt sind Pucher und K., für sie beide gilt die Unschuldsvermutung.

Am Montagmorgen hatte der Landeshauptmann einen Bericht des Kurier über die angebliche Last-Minute-Überweisung als "Lüge" bezeichnet. Am Montagabend räumte er dann in "Burgenland heute" ein, dass es sehr wohl einen Transferversuch gegeben habe. Das wisse er aus einem Gespräch mit dem RMB-Geschäftsführer. Es habe aber nach der Information durch die Finanzmarktaufsicht "keinen Hinweis der Regierungsmitglieder zur RMB gegeben und keine Möglichkeit mehr, Geld zu transferieren". Der Transfer soll also nicht durchgeführt worden sein.

Spuren der Verwüstung

Exbankchef Pucher und Exmanagerin K. haben die Verantwortung für die Malversationen übernommen, die zunächst zur Schließung der Bank und dann zu ihrer Pleite geführt haben. Die Überschuldung beträgt laut Insolvenzantrag rund 530 Millionen Euro, die Bilanzsumme des Instituts betrug zuletzt rund 800 Millionen Euro. Wie die Presse in ihrer Dienstag-Ausgabe berichtet, sollen rund 690 Millionen Euro fiktiven Krediten und erfundenen Guthaben zuzuordnen sein. DER STANDARD hatte zuletzt von 600 Millionen Euro berichtet: Insgesamt gibt es laut Ermittlungsergebnissen rund 500 Fake-Konten. Darunter allein rund 427 Millionen Euro an erfundenen Guthaben der Commerzialbank bei Großbanken und dazu mehr als 150 Millionen Euro, die in Form von Krediten an Privatkunden vergeben worden seien – allen voran Ärzte.

Laut "Wiener Zeitung" vom Dienstag sollen vor allem bei der Auszahlung durch die Einlagensicherung, die bisher 370 Millionen Euro an rund 9.800 Kunden der Commerzialbank überwiesen hat, Kunden erfahren haben, dass es bei ihnen neben Guthaben auch höhere fingierte Kredite gab. Man sei auf 30 bis 40 derartige Fälle gestoßen, sagte Stefan Tacke, Geschäftsführer der Einlagensicherung, der Zeitung.

Fouls im Sportsponsoring

Die Spuren der Verwüstung ziehen sich auch durch die burgenländische Sportlandschaft, und da besonders in den Fußball, wie man sagen könnte. Denn die Commerzialbank sponserte den SV Mattersburg (Ex-Präsident: Pucher) und den ASV Draßburg (Ex-Präsident: Illedits), Illedits war auch Präsident des burgenländischen ASKÖ, bevor er als Landesrat auch für den Sport zuständig wurde. Und er saß, wie Pucher im Aufsichtsrat der Fußballakademie. Auch Sponsorverträge wurden gefälscht, geht nun aus den Recherchen der Ermittler hervor. Hausdurchsuchungen gab es ja bereits.

Was die wirtschaftlichen Erfolge der Commerzialbank als Eigentümerin betrifft, waren auch die bescheiden. Die Florianihof Betriebsgesellschaft (Hotel) hatte 2017 laut jüngster im Firmenbuch aufliegender Bilanz ein negatives Eigenkapital von fast zwei Millionen und Schulden von 2,6 Millionen Euro. Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne lag keine vor, weil die Commerzialbank mündlich zugesagt hatte, den Verlust (zwei Millionen Euro) auszugleichen.*

Zerstörter Hoffnungsschimmer

Immer wieder soll Pucher davon gesprochen haben, Einnahmen aus Patenten könnten ein bisserl was retten in der Bank; gemeint hat er eine kleine Beteiligung an einem Green-Power-Unternehmen.

Seine Hoffnung hat sich nicht mehr erfüllt. (Renate Graber, 3.8.2020)