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Der "emeritierte" Juan Carlos I. verlässt nach Schmiergeldvorwürfen Spanien.

Foto: Reuters/Jon Nazca

Spaniens Alt-König Juan Carlos I. geht dahin zurück, wo er herkam: ins Exil. Der 1938 in Rom geborene Monarch gab am Montag in einem Brief an seinen Sohn König Felipe VI. bekannt, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Er begründet die Entscheidung mit dem "öffentlichen Widerhall auf gewisse Episoden" seines "früheren Privatlebens". Er wolle damit die Amtsführung seinen Sohnes nicht belasten. Laut Medien ist er noch am Montag in die Dominikanische Republik abgereist.

Der "emeritierte König" – so der offizielle Titel von Juan Carlos I. – geht, nachdem gegen ihn sowohl in der Schweiz als auch in Spanien ermittelt wird. Es besteht der Verdacht, dass er in seiner Zeit auf dem Thron Schmiergelder angenommen hat. Konkret geht um mindestens 65 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Bau einer Schnellzugverbindung von Medina nach Mekka in Saudi-Arabien, die er über ein Netzwerk von Stiftungen in Steuerparadiesen und Konten in die Schweiz geschafft haben soll. Verstrickt in den Fall ist die deutsche Corinna Larsen, einst Corinna von Wittgenstein, die "spezielle Freundin von Juan Carlos", wie Medien die Geliebte nennen. Sie selbst soll umfangreiche Geldgeschenke bekommen haben.

In Spanien "unantastbar"

Wirklich gefährlich für Juan Carlos I. können nur die Ermittlungen in der Schweiz werden. Denn in Spanien genießt der Alt-König für seine Amtszeit nicht nur Immunität, er ist laut Verfassung sogar "unantastbar". Der einst ohne nennenswertes Privatvermögen angetretene König ist heute laut "Forbes" einer der reichsten Monarchen weltweit.

Es ist der letzte Skandal in einer langen Reihe. 2010 begann ein Verfahren gegen die Tochter des Königs, Infantin Cristina, und ihren Ehemann Iñaki Urdangarin wegen Korruption. Sie hatten sich Namen und Beziehung zunutze gemacht, um von Regionalregierungen für nie erbrachte Dienstleistungen zu kassieren. Cristina ging ins Ausland, Urdangarin ins Gefängnis.

2012 erlitt Juan Carlos I. – damals Ehrenpräsident der Umweltschutzorganisation WWF in Spanien – in Begleitung von Corinna von Wittgenstrein auf einer Elefantenjagd in Botswana einen Unfall. Zu Hause im krisengeschüttelten Spanien kam das gar nicht gut an. 2014 schließlich dankte er ab, Sohn Felipe bestieg den Thron.

Nicht der erste Borbone, der Spanien verlässt

Juan Carlos I. ist der Sechste aus der Dynastie der Borbonen, der Spanien verlässt oder verlassen muss. Er ist der Enkelsohn des 1931 gestürzten Königs Alfonso XIII. Er wuchs in Italien und Portugal auf, bevor ihn Diktator General Francisco Franco zur Ausbildung nach Spanien holte und ihn zur Nachfolge an der Spitze des spanischen Staates bestimmte. Wenige Tage nach dem Tod Francos im November 1975 bestieg Juan Carlos I. dann den Thron und leitete den Übergang zur Demokratie ein.

Als am 23. Februar 1981 ein Teil der Armee und der Guardia Civil gegen die neue Ordnung putschte, stellte sich Juan Carlos I. hinter die Demokratie. So zumindest die offizielle Version. Immer wieder wurden Stimmen laut, die Juan Carlos I. vorwerfen, vom Staatsstreich gewusst zu haben. Er habe abgewartet, wie er ausgeht, um sich dann auf die entsprechende Seite zu schlagen. Die Archive, die dies klären könnten, sind bis heute verschlossen.

Zwischen Respekt und Vorwürfen

Während die Linksregierung unter Pedro Sánchez ebenso wie der konservative Partido Popular "Respekt" für die Entscheidung des Alt-Monarchen äußerten, wirft die Parlamentsfraktion des kleineren der beiden Regierungspartner, die linksalternative Unidas Podemos, Juan Carlos I. vor, "geflohen" zu sein.

Die größte Tageszeitung des Landes, "El País", spricht von den Jahren auf dem Thron und der Fähigkeit, nach Ende der Franco-Diktatur die "Zeichen der Geschichte zu lesen". Die monarchistische "La Razón" sieht gar den "letzten große Dienst an Spanien".

Die Kommentatoren sind sich in einem einig: Jetzt gelte es, die Figur von Felipe VI. zu stärken. Doch das wird gar nicht so leicht. Denn zu lange hat dieser zugesehen. Spätestens 2019 wusste Felipe VI., dass er bei den Fonds und Stiftungen in Steuerparadiesen als Nutznießer und Erbe eingetragen war. Ein ganzes Jahr ließ der aktuelle König verstreichen, bevor er dies öffentlich machte und auf das Erbe verzichtete sowie Vater Juan Carlos I. die staatliche Zuwendungen entzog.

Auch die jüngst bekannt gewordenen Details der Flitterwochen von Felipe VI. und seiner Gemahlin Letizia sorgen nicht für mehr Beliebtheit bei den Untertanen. Eine halbe Million Dollar kostete die Reise durch mehrere Kontinente. Bezahlt wurde das Ganze von Juan Carlos I. und einem befreundeten Unternehmer. Auch für einen Ex-Monarchen mit 200.000 Euro staatlichem Jahressalär ist die Rechnung der dreimonatigen Reise eine ganz ordentliche Summe, wenn er keine Nebeneinkünfte hat. (Reiner Wandler aus Madrid, 4.8.2020)