Hans Peter Doskozil hat bereits eingeräumt, dass es Versuche der Regionalmanagement Burgenland (RMB) gegeben hat, Geld vor der Schließung der Bank abzuheben.

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In der Causa Commerzialbank Mattersburg schießt sich die burgenländische SPÖ auf ein mutmaßliches "ÖVP-Netzwerk" rund um die Bank ein. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst formulierte am Dienstag mehrere Fragen in Richtung Volkspartei und forderte Landesparteiobmann Christian Sagartz, der auch Bezirksparteichef der ÖVP in Mattersburg ist, zum Rücktritt auf.

Seit kurzem wisse man, dass es bereits in den 1990er-Jahren "Machenschaften und Malversationen vom Herrn (Martin, Anm.) Pucher gegeben hat – damals noch als Geschäftsstellenleiter einer kleineren Bank der Raiffeisenbank", sagte Fürst. Als Raiffeisen die Bank habe prüfen wollen, sei den Revisoren "der Prüfungszutritt verwehrt" worden.

690 Millionen Euro Schaden

Damals habe man Pucher absetzen wollen. Dagegen ausgesprochen habe sich "mit größter Vehemenz" ein damaliger ÖVP-Funktionär, der nach wie vor als Vorsitzender des Aufsichtsrats fungiere. "Offensichtlich hat es damals schon dieses ÖVP-Netzwerk gegeben, das den Martin Pucher und seine Machenschaften auch geschützt hat. Hätte man damals schon adäquat reagiert, hätten wir uns vielleicht viel Leid ersparen können", meinte Fürst.

Momentan gehe man Medienberichten zufolge von einem Schaden von rund 690 Millionen Euro aus. Die Frage sei: "Wie kommt es so weit?" Im Aufsichtsrat der Commerzialbank – dem obersten Kontrollgremium – säßen "vorwiegend ÖVP-Funktionäre". Der Co-Vorsitzende sei "ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär". In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

Mattersburg-ÖVP soll 3.100 Euro erhalten haben

Fürst will nun wissen: "Wer ist dieses Netzwerk, und wer hat davon profitiert?" Die Frage sei auch: "Haben die ÖVP-Aufsichtsräte von der Sperre durch die Finanzmarktaufsicht im Vorfeld gewusst, und haben sie Geld abgezogen? Wann und wie viel Geld?" Die ÖVP im Bezirk Mattersburg habe 3.100 Euro von der Commerzialbank erhalten. Es stelle sich die Frage: "Was war die Gegenleistung?"

"Wäre der Christian Sagartz ein SPÖ-Funktionär, hätte er längst zurücktreten müssen", sagte Fürst. "Das sind seine Funktionäre, die dort im Aufsichtsrat der Commerzialbank sitzen, die diesen Kriminalfall zu verantworten haben." Umso grotesker sei, dass es Sagartz sei, der "von Medium zu Medium läuft und eigentlich alle anderen anschwärzt".

Nicht nur private Gelder betroffen

Dass Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), wie die "Salzburger Nachrichten" berichteten, am 14. Juli mittags von Pucher angerufen worden sein soll, der ihm mitgeteilt habe, dass er als Bankdirektor zurückgetreten sei und die Schließung der Bank bevorstehe, glaubt Fürst nicht, "weil das hätte der Landeshauptmann wahrscheinlich gesagt". Dass es einen Versuch des Regionalmanagement Burgenland (RMB) gegeben habe, Geld abzuheben, hat Doskozil im Interview mit dem ORF Burgenland eingeräumt.

Der SPÖ-Politiker verteidigte den Versuch des Regionalmanagement Burgenland, kurz vor der Schließung noch Geld abzuheben: "Wenn das so gewesen ist, dann wäre das in der Verpflichtung eines Geschäftsführers." Es gehe nicht um private Gelder, sondern um Fördergelder aus Brüssel. Gerüchte gebe es, "unterschiedlich verdichtet", schon seit einem Jahr.

Die SPÖ habe nichts gegen einen Untersuchungsausschuss oder einen Sonderlandtag zur Bankencausa, betonte Klubobmann Robert Hergovich: "Ganz im Gegenteil, ich freue mich schon auf den Sonderlandtag." Die SPÖ werde in den nächsten Tagen noch "das eine oder andere aufzeigen". Und die SPÖ wird in den nächsten Tagen einen Gesetzesvorschlag vorlegen, der im Wesentlichen ein Verbot der Spendenannahme für Parteien vorsieht.

ÖVP: Doskozil soll Telefonprotokolle offenlegen

Noch am Dienstag richtete die ÖVP sieben Fragen an Doskozil. Sollte sich der Landeschef nicht mehr so genau daran erinnern, mit wem er kurz vor der Schließung der Bank gesprochen habe, fordere man eine Offenlegung der Telefonprotokolle Doskozils und seines Teams für den 13. und 14. Juli, so ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Die ÖVP will im Hinblick auf Medienberichte wissen, warum der Landeshauptmann verschwiegen habe, dass er persönlich von Ex-Bankvorstand Pucher von der bevorstehenden Schließung der Bank erfahren habe, erklärte Ulram. Außerdem interessiert die Volkspartei, was Doskozil in der Zeit nach Erhalt der Information über die Schließung der Commerzialbank von Pucher (am 14. Juli, Anm.) zu Mittag bis Mitternacht getan habe.

Fragenkatalog der ÖVP

Ulram warf weiters die Frage auf, ob der Landeshauptmann das RMB oder andere Institutionen beziehungsweise Personen nach dem Gespräch mit Pucher über die Schließung der Commerzialbank informiert habe. Die ÖVP erkundigt sich in ihrem Fragenkatalog auch noch, welche Unternehmen und Institutionen im Naheverhältnis des Landes versucht hätten, vor der Schließung der Bank Geld in Sicherheit zu bringen.

Das Interesse der ÖVP gilt auch eventuellen Konten der SPÖ Burgenland bei der Commerzialbank. Ferner wird Doskozil gefragt, ob er ausschließen könne, dass weitere SPÖ-Politiker aufgrund des Skandals zurücktreten müssten. Und schließlich will man vom Landeschef wissen, ob dieser als Finanzlandesrat über die Finanzabteilung den Prüfauftrag an die TPA Wirtschaftsprüfungs-GmbH erteilt habe.

Antworten der ÖVP

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass die ÖVP in die Geldbewegungen kurz vor Schließung der Bank involviert gewesen sei, sagte Ulram: "Klares Ja. Die ÖVP war in keinster Weise hier involviert." Ob er auch ausschließen könne, dass von der ÖVP nahestehenden Personen Insiderinfos geflossen seien? Die Volkspartei habe niemanden in den Aufsichtsrat entsandt, so Ulram. Ob "jemand im Aufsichtsrat oder der Vorsitzende" Geld verschoben habe, könne er "so nicht beantworten".

"Tatsache ist, jede einzelne Person, die sich irgendwo etwas zuschulden kommen hat lassen, muss selbstverständlich – egal wer das ist – Konsequenzen daraus tragen. Das ist völlig klar", sagte Ulram. "Zum heutigen Stand meines Wissens" könne er "ausschließen, dass ein ÖVP-Politiker einen Goldbarren erhalten hat". Die Volkspartei habe alle Geld- und Sachleistungen offengelegt, die sie in den vergangenen fünf Jahren erhalten habe: "Da reden wir von einem sehr kleinen Betrag, von rund 6.585 Euro gesamt." (APA, 4.8.2020)