Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bestreitet, dass vor der Schließung der Commerzialbank Landesgelder in Sicherheit gebracht wurden.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
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Antonia Rauth [00:00:15] Bei der burgenländischen Commerzialbank Mattersburg wurden über Jahre hinweg die Bilanzen frisiert. Jetzt erreicht der Bankenskandal die Landespolitik. Laut einem Bericht des Kurier wollte die Landestochter RMB noch Stunden vor der Schließung der Bank Geld von Konten transferieren. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat den Bericht erst als Lüge bezeichnet und dann zugegeben, dass eine Überweisung doch zumindest versucht wurde. Wie tief Doskozil selbst in die Causa Mattersburg verstrickt ist und welche politischen Folgen der Bankenskandal haben könnte, das erklärt Wolfgang Weisgra vom STANDARD. Wolfgang. In der Causa Mattersburg hat ein Kurier-Bericht einiges an Zündstoff geliefert. Was stand da drin?

Wolfgang Weisgram [00:00:56] Der Kurier hat in seiner Montagsausgabe geschrieben, dass die Regionalmanagement Burgenland AG, eine hundertprozentige Tochter des Landes, die zuständig ist für Abwicklungen vom EU-Förderungen, 1,2 Millionen von insgesamt 2,5 Millionen abgehoben hätte. Und zwar kurz bevor die Commerzialbank geschlossen hat. Das hat für ziemliche Aufregung gesorgt. Denn wenn schon nicht strafrechtlich relevant oder rechtlich relevant, das so doch eine recht verwerfliche Aktion gewesen wäre, weil Insiderwissen im Spiel gewesen sein muss.

Antonia Rauth [00:01:37] Das heißt, wenn das stimmen würde, dann müsste irgendjemand von der Bank die Landesregierung vorgewarnt haben, damit die ihre Schäfchen ins Trockene bringen, oder?

Wolfgang Weisgram [00:01:46] Naja. Das Land war vorgewarnt, allerdings zu einer Zeit, sagt der Landeshauptmann, wo die Bank schon gewissermaßen den Zahlungsverkehr eingestellt hat. Hans Peter Doskozil sagt, er sei am Nachmittag informiert worden und am Nachmittag sei aber schon der Zahlungsverkehr eingestellt worden. Bei der RMB hat um 21 Uhr irgendwer aber offenbar noch versucht, Geld herauszunehmen aus der Bank. Und natürlich muss der davon gewusst haben, von der bevorstehenden Schließung.

Antonia Rauth [00:02:25] Das heißt aber noch einmal zusammengefasst: Diese Vorwürfe, die der Kurier erhoben hat, nämlich dass da tatsächlich Geld in Millionenhöhe noch gerade rechtzeitig verschoben worden sei: stimmt das jetzt oder stimmt das nicht?

Wolfgang Weisgram [00:02:38] Nein, das stimmt nicht. Der Kurier hat das auch zurückgenommen. Aber der Versuch, das Verschieben oder das Abheben oder Umbuchen dieses Geldes, das hat stattgefunden. Das hat auch der Landeshauptmann eingestanden gestern Abend.

Antonia Rauth [00:02:54] Wie hat denn eigentlich Hans Peter Doskozil überhaupt auf diese Vorwürfe reagiert?

Wolfgang Weisgram [00:03:00] Merkwürdig. Man wird nicht falsch liegen zu sagen er hat einen Wutanfall bekommen. Mich hat das überrascht, weil das zu Doskozil eigentlich nicht passt – er hat immer mit seiner Gelassenheit gepunktet. Und seine Ruhe hat er hier völlig verloren, im Zusammenhang mit der Bank. Ich frage mich, warum das so ist. Eine wirkliche Antwort darauf habe ich auch nicht.

Antonia Rauth [00:03:23] Wie verbandelt sind denn die Commerzialbank Mattersburg und die burgenländische Landespolitik bzw. Hans Peter Doskozil?

Wolfgang Weisgram [00:03:30] Die Landespolitik bzw. die Landesregierung sind so mit ihr verbandelt wie mit anderen Banken im Burgenland. Die Energie Burgenland hat hier zum Beispiel ungefähr fünf Millionen verloren bei der Commerzialbank. Ich bekomme meine Rechnungen von der Energie Burgenland allerdings von der Raiffeisen. Man kann nicht sagen, dass die Landesregierung jetzt mit der Commerzialbank engstens verbandelt ist. Hans Peter Doskozil schon gar nicht. Er hat mit Martin Pucher eher ein distanziertes Verhältnis.

Antonia Rauth [00:04:11] Wie sehr erschüttert dieser Bankenskandal gerade die burgenländische Politik. Was geht da vor sich?

Wolfgang Weisgram [00:04:18] Die burgenländische Politik ist schon erschüttert, und zwar durch den Rücktritt des Wirtschaftslandesrat. Ich würde aber grundsätzlich nicht von Erschütterung reden, sondern von einem Sumpf in dem wir hier stecken, den die Politik selber angerichtet hat. Ich sehe keinen Willen, wirklich aufzuklären. Man versucht, dem jeweils anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Antonia Rauth [00:04:50] Ist der Rücktritt von Wirtschaftslandesrat Christian Illedits denn auch in Verbindung mit diesem Bankenskandal zu sehen?

Wolfgang Weisgram [00:04:53] Na ja, der Rücktritt ist offiziell erfolgt wegen eines Geburtstagsgeschenks durch den Fußballverein. Allerdings ist natürlich im Gespräch, dass das nicht alles gewesen sein kann. Ich traue mich da kein Urteil abzugeben. Aber ich nehme an, da wird noch einiges kommen das den Herren Christian Illedits, den Wirtschaftslandesrat, betrifft.

Antonia Rauth [00:05:20] Zurück zu Hans Peter Doskozil: dem wird ja immer wieder unterstellt, dass er es in der SPÖ durchaus gerne noch an die Bundesspitze schaffen würde. Könnte dieser Skandal, der gerade sein Bundesland erschüttert, ihm politisch in Sachen Karriere gefährlich werden?

Wolfgang Weisgram [00:05:33] In dieser Karriere ganz ohne Zweifel. Hans Peter Doskozil ist sozusagen die Galionsfigur eines neuen Kurses in der SPÖ, eines eher traditionellen Kurses. Er versucht von dem, was die "linke Bobo Blase des urbanen Raumes" geannt wird, wegzukommen, wieder hin zu den alten Zielgruppen. Da ist er jetzt aus dem Spiel. Ganz ohne Zweifel.

Antonia Rauth [00:06:02] Glaubst du wirklich, dass sich Doskozils Karriere jetzt mit diesem Fall erledigt hat?

Wolfgang Weisgram [00:06:07] Vor der Hand einmal. Man muss abwarten, wie das weitergeht. Ich würde uns da auch selber in die Pflicht nehmen, sozusagen ein bißchen mehr Gelassenheit an den Tag zu legen. Die Gerüchte laufen hin und her, und unsere Aufgabe als Medien wäre, ein bißchen Ruhe hineinzubringen.

Antonia Rauth [00:06:35] Kocht die Gerüchteküche wirklich so über?

Wolfgang Weisgram [00:06:37] Im Moment ja. Und ich will all diese wilden Gerüchte gar nicht alle erwähnen. Eben weil ich glaube, dass wir die Verantwortung haben, ein bisschen Ruhe hineinzubringen. Es geht jetzt nur mehr darum, dass eine politische Seite die andere anschüttet. Wir als Medien sollten da nichts verschweigen, aber auch nichts anheizen.

Antonia Rauth [00:07:07] Noch einmal zurück zur eigentlichen Bilanzfälschungsaffäre. Wie schauts denn jetzt aus? Ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass da etwas dabei herauskommt? Bei diesen Ermittlungen bzw. etwas an die Öffentlichkeit dringt?

Wolfgang Weisgram [00:07:19] Ich würde sogar hoffen, dass wenig an die Öffentlichkeit dringt. Weil das nur schadet in so einer Situation. Es wird nächste Woche einen Landtag in Eisenstadt geben, der sich dieser Frage widmen wird. Dann gehe ich davon aus, dass es einen Untersuchungsausschuss geben wird, im Landtag. Im Hintergrund arbeitet die Polizei mit einer Soko Commerz sowie Wirtschafts und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wir werden die Ergebnisse schon bekommen.

Antonia Rauth [00:07:58] Deine Conclusio wäre also, dass in dieser Causa erst einmal ermittelt werden sollte und nicht gleich politische Schlüsse gezogen?

Wolfgang Weisgram [00:08:06] Ich glaube, dass hier ein bisschen Gelassenheit angebracht wäre. Wir müssen berichten was ist und nicht die Schlammschlacht befeuern. Versuchen wir auch ein bißchen den klaren Blick zu behalten. Das ist im Moment nicht einfach.